Auf dem Innovationspfad: Deutsche Biotechnologie ist wichtiger Schrittmacher der Pharmaforschung
Pharmahersteller, Biotech-Unternehmen und Forschungseinrichtungen am Standort Deutschland sind stärker auf eine Zusammenarbeit angewiesen. Allerdings sehen die Vertreter der Industrie noch deutlichen Optimierungsbedarf bei der Verknüpfung von Grundlagenforschung und kommerzieller Forschung und Entwicklung. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Studie "Drug Discovery and Biotechnology in Germany", die von der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) gemeinsam mit dem Arbeitskreis BioRegionen Deutschland erarbeitet wurde und auf der weltgrößten Biotechnologiemesse BIO in Atlanta am 18. Mai vorgestellt wird.
Steigender Anteil biotechnologischer Arzneimittel
"Deutschland wird von diesem Trend überproportional profitieren. Die nun vorgelegte Studie belegt die Stärken und die Attraktivität Deutschlands für die Entwicklung neuer Pharmaka durch biotechnologische Methoden: Die Wissenschaft ist exzellent und die Pipeline der deutschen Biotechnologieunternehmen ist praller gefüllt denn je", betont Dr. Kai Bindseil, Leiter BioTOP Berlin-Brandenburg und Sprecher des Arbeitskreises der BioRegionen.
Effiziente Kooperationen essentiell
Für Dr. Volker Fitzner, den verantwortlichen Advisory-Partner im Bereich Chemicals & Pharma bei PwC, sind die effizienten Kooperationen zwischen großen Arzneimittelherstellern, Biotech-Firmen und Forschungseinrichtungen für die deutsche Pharma¬branche von entscheidender Bedeutung. "Nach unseren Schätzungen wird im Jahr 2020 weltweit jedes zweite neue Medikament ganz oder teilweise aus der Pipeline von Biotechnologieunternehmen stammen".
Die Ausgangsbedingungen für eine intensivere Zusammenarbeit zwischen Pharmakonzernen und den in der Regel kleinen bis mittelständischen Biotech-Unternehmen sind derzeit günstig. Da der Patentschutz für viele ‚Blockbuster’-Präparate in wenigen Jahren ausläuft, sichern sich Pharmahersteller durch Kooperationsvereinbarungen und Beteiligungen oder Übernahmen von Biotech-Firmen den Zugriff auf neue Wirkstoffe und potenzielle innovative Arzneimittel.
Finanzierung: Kooperation mit Pharmaunternehmen für Biotech wichtig
Auf der anderen Seite sind viele Biotech-Firmen dringend auf die Zusammenarbeit mit etablierten Pharmaher¬stellern angewiesen. Denn die Wirtschafts- und Kapitalmarktkrise beeinträchtigt insbesondere die Finanzierung von Forschung und Entwicklung durch Risikokapital massiv und macht Börsengänge nahezu unmöglich.
"Geldgeber aus der Pharmabranche sind derzeit zweifellos in einer bevorzugten Verhandlungsposition. Für den Erfolg einer Kooperation sind Unabhängigkeit und Flexibilität des Biotech-Partnerunternehmens allerdings von größter Bedeutung. Eine Partnerschaft, die sich zu Lasten dieser Vorteile der kleineren Biotech-Unternehmen auswirkt, bringt erfahrungsgemäß nur selten die erhofften Ergebnisse", betont Dr. Claudia Ulbrich, Senior Advisor im Bereich Pharma/ Life Sciences bei PwC.
Exzellente Grundlagenforschung am Standort Deutschland
Die befragten Experten schätzen die exzellente Grundlagenforschung in Deutschland und geben dem Standort auch in anderen Bereichen überwiegend gute Noten. Um langfristig international wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen sich allerdings die Rahmenbedingungen in einigen Bereichen verbessern, insbesondere mit Hinblick auf verlässliche politische und steuerliche Weichenstellungen. Durch eine stärkere Vernetzung von Grundlagenforschung und industriellen Anwendern wird sich der Bereich Forschung und Entwicklung besser entwickeln können.
Innovationspotential: Bessere Konditionen für ausländische Forscher
Unterschiedlich beurteilen die Befragten die künftige Fachkräftebasis. Während die großen Pharmaunternehmen zuversichtlich sind, dass in Deutschland auch künftig ausreichend Personal für Forschung und Entwicklung zur Verfügung steht, fällt die Einschätzung von Biotech-Firmen und Forschungseinrichtungen eher zurückhaltend aus. Letztere mahnen unter anderem bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen für ausländische Forscher und ihre Familien an, um die Zuwanderung nach Deutschland attraktiver zu machen.
Gesundheitsreform führt zu Veränderungen der klinischen Entwicklung
Rund die Hälfte der neuen Wirkstoffe, die vornehmlich aus der Pipeline von Biotechnologieunternehmen kommen werden, adressieren Erkrankungen wie Krebs, Stoffwechseldefekte, neurodegenerative und Autoimmunerkrankungen sowie altersbedingte Krankheiten wie z.B. Alzheimer. Die Substanzen werden neben Zelltherapien und Impfstoffen auch RNA/ DNA basierte Wirkstoffe umfassen. Computergestützte Prozesse nehmen zukünftig eine größere Rolle bei der Entdeckung und Entwicklung neuer Wirkstoffe ein. Inwieweit dies zukünftig einen Einfluss auf Veränderungen im Zulassungsverfahren von Arzneimitteln hat, beurteilen die Befragten unterschiedlich. Ein Gesundheitssystem, das bereits jetzt an seine finanziellen Grenzen stößt, wird zukünftig nur Arzneimittel, die nachweislich wirksam sind, erstatten. Dies wirkt sich nach Meinung der Befragten deutlich auf den Bereich der klinischen Entwicklung aus, um zukünftig eine individuellere medizinische Versorgung zu ermöglichen.
Vielfalt biotechnologischer Forschung in Deutschland
Für die vorliegende Studie wurden die Mitglieder des Arbeitskreis der BioRegionen gebeten, Unternehmen oder Forschungsinstitute zu benennen, die herausragend im Bereich der Pharmaentwicklung durch biotechnologische Methoden sind. Darüber hinaus gaben dreißig Experten von Biotech-Firmen, Forschungseinrichtungen und Pharmaherstellern im Rahmen von Interviews Auskunft zu Lage und Perspektiven der biotechnologischen Pharmaforschung in Deutschland. Die Studie bietet einen detaillierten Überblick über die Geschäfts- und Forschungsaktivitäten der maßgeblichen Unternehmen, die sich in den einzelnen BioRegionen angesiedelt haben.
"Die aktuelle Analyse zeigt, dass jede der BioRegionen in Deutschland ihre eigenen spezifischen Stärken hat. Man kann es mit einem bunten Blumenstrauß vergleichen: Jede einzelne Blüte ist farbig, aber das Gesamtbild zeigt sich erst, wenn man die einzelnen Teile zusammenführt", so Dr. Jens Katzek, Geschäftsführer der BIO Mitteldeutschland und Koordinator des Projektes.
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