Trends in der deutschen Biotechnologie-Branche 2020
Biotech-Branche: erneut gute Finanzierungszahlen
Erwartungen dennoch gedämpft
(Berlin – 13. Januar 2020) Deutsche Biotechnologieunternehmen haben im Jahr 2019 aus Venture Kapital und Kapitalerhöhungen über die Börse einschließlich zwei Initial Public Offerings (IPO) rund 860 Mio. Euro Kapital eingeworben. Mehr als die Hälfte davon entfiel allerdings auf nur ein einziges Unternehmen, die BioNTech aus Mainz. Die Stimmung in den Unternehmen ist weitgehend stabil, ein negativer Trend lässt sich aber in der Einschätzung der zukünftigen Geschäftslage ablesen. Dies geht aus der jährlichen Erhebung sowie der jährlichen Trendumfrage des Biotechnologie-Branchenverbandes BIO Deutschland hervor.
Private Biotechnologie-Unternehmen warben 2019 rund 525 Mio. Euro Venture Kapital ein (2018: 369 Mio. Euro). Weitere 333 Mio. Euro konnten über die Börse eingesammelt werden (2018: 900 Mio. Euro). Davon entfielen mehr als 186 Mio. Euro auf zwei IPOs, beide an der Nasdaq in den USA. Der Mainzer Immuntherapie-Spezialist BioNTech sowie das Unternehmen Centogene, Diagnostikexperte für seltene Erkrankungen, wagten dort den Sprung auf das Börsenparket. Somit konnte die Branche mit insgesamt 858 Mio. Euro zwar nicht an den Finanzierungs-Rekord von 1,27 Mrd. Euro aus dem Jahr 2018 heranreichen. Dennoch liegt die Summe noch fast ein Drittel über dem Wert des Jahres 2017 (674 Mio. Euro).
In der jährlichen Trendumfrage werden die Unternehmen gebeten, sechs Fragen zu beantworten. Insgesamt schätzen rund 90 Prozent der befragten Unternehmerinnen und Unternehmer ihre aktuelle und auch zukünftige Geschäftssituation als gut bzw. günstiger oder befriedigend bzw. gleichbleibend ein. 60 Prozent geben an, Personal in Deutschland aufbauen zu wollen, nur rund sieben Prozent wollen abbauen. Die Hälfte der Befragten plant, Investitionen in Forschung und Entwicklung (FuE) zu erhöhen. Dass sich das politische Klima 2020 in Deutschland verbessern wird, erwarten nur noch 20 Prozent (2018: 29 Prozent). Das aktuelle politische Klima halten nur 28 Prozent für gut.
In vier der sechs abgefragten Kategorien ist der Index im Mehrjahresvergleich weitgehend stabil. Ein klarer Trend ist bei der Einschätzung der zukünftigen Geschäftslage zu beobachten. Hier sinkt der Index über die Jahre kontinuierlich. Nach einem Tiefpunkt in Folge der letzten Bundestagswahl hat sich die Einschätzung des aktuellen politischen Klimas wieder deutlich verbessert.
Oliver Schacht, Vorstandsvorsitzender von BIO Deutschland, kommentiert: „Es ist ein gutes Zeichen, dass es den deutschen Biotechnologie-Unternehmen erneut gelungen ist, viel Kapital einzusammeln, auch wenn sie nicht den Spitzenwert von 2018 erreichen konnten. Die gute Finanzierungslage bestätigt auch die Qualität der deutschen Entwicklungspipelines. Positiv ist auch zu sehen, dass sich in Deutschland politisch einiges zu Gunsten unserer Branche bewegt hat. Die steuerliche Forschungsförderung kommt – endlich, möchte man sagen! Die neue Bioökonomiestrategie wird wohl bald ausgerollt und die Dialogplattform Industrielle Bioökonomie ist operativ. Zudem lenkt die Bundesregierung mit dem Wissenschaftsjahr Bioökonomie den Fokus 2020 auf die bio- und wissensbasierte Industrie und schafft so mehr Bewusstsein auch für unsere Branche“.
Viola Bronsema, Geschäftsführerin von BIO Deutschland, ergänzt: „Trotz guter Finanzierungszahlen und ermutigender politischer Signale ist die Einschätzung der zukünftigen Geschäftslage über die Jahre schlechter geworden. Wir werten dies auch als Ergebnis aktueller internationaler Entwicklungen. Das jahrelange Ringen um den Brexit und die Handelskonflikte haben zu großer Verunsicherung geführt und haben auch Auswirkungen auf unserer Branche. Sie ist international stark vernetzt. Ein Grund mehr, in Deutschland die Förderung der Schlüsseltechnologie Biotechnologie verstärkt in den Blick zu nehmen. Wir müssen einen Beitrag leisten, damit Biotechnologie zum Bewältigen der Herausforderungen wie dem Klimawandel und der globalen Gesundheit nachhaltig eingesetzt werden kann.“
Die Ergebnisse der Trendumfrage 2019/2020
Über diese Umfrage:
Zum 14. Mal in Folge hat BIO Deutschland rund 1.100 Biotechnologie-Unternehmen und branchenspezifische Dienstleister befragt. 106 von ihnen haben den Fragebogen in diesem Jahr beantwortet. Ziel ist es, mit Hilfe dieses Stimmungsbarometers die Entwicklung des laufenden Jahres vorherzusagen. Die Berechnung und Ermittlung der Indexwerte erfolgt ähnlich der vom IFO-Institut angewandten Methodik. Im Wesentlichen repräsentieren die Werte die Differenz zwischen positiven und negativen Antworten. Die Werte sind auf die Ergebnisse des Jahres 2006 normiert (=100%).
Aktuelle Geschäftslage
89 Prozent der Befragten beurteilen ihre aktuelle Geschäftslage als befriedigend oder gut.
Zukünftige Geschäftslage
91 Prozent der Befragten erwarten, dass ihre Geschäftslage zukünftig gleichbleibend oder günstiger sein wird.
Zukünftige Beschäftigungslage
Personal aufbauen wollen 60 Prozent der Unternehmen, rund 33 Prozent bleiben bei der aktuellen Personalstärke.
Zukünftige F&E-Investitionen
51 Prozent der Unternehmen gaben an, F&E-Investitionen erhöhen zu wollen, rund 41 Prozent wollen diese unverändert lassen.
Aktuelles Klima
28 Prozent der Befragten schätzen das aktuelle politische Klima als gut ein, 60 Prozent halten es für befriedigend.
Zukünftiges Klima
20 Prozent gehen von einer Verbesserung des politischen Klimas aus, 68 Prozent denken, dass sich nichts verändern wird. Rund 12 Prozent erwarten eine Verschlechterung.