BIO Deutschland im Austausch mit dem Bundesjustizministerium

Am 19. Januar trafen sich die Leiter der BIO Deutschland-Arbeitsgruppe (AG) „Schutzrechte und technische Verträge“, Dr. Martin Pöhlchen und Dr. Rainer Wessel, mit dem Referatsleiter des Patentrechtsreferates des Bundesjustizministeriums (BMJ), um sich über aktuelle Entwicklungen im Bereich der geistigen Eigentumsrechte auszutauschen.

Aus aktuellem Anlass – am selben Tag erfolgte die erste Lesung zu einem interfraktionellen Antrag zur Änderung der EU-Biopatentrichtlinie und des deutschen Patentrechts – sprachen sie zunächst über derzeit erhobene Forderungen zur Änderung der Biopatentrichtlinie. Von mehreren Verbänden und NGOs wird gefordert, konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere genau so wie die entsprechenden konventionellen Züchtungsverfahren nicht der Patentierung zugänglich zu machen und dies in der Biopatentrichtlinie klarstellend zu regeln. Zu dieser Forderung machten die BIO Deutschland-Vertreter deutlich, dass sie diesen Bedarf nicht sehen. Einerseits hat die Richtlinie über die Jahre bewiesen, dass sie einen erheblichen Mehrwert für den Schutz biotechnologischer Erfindungen gebracht hat. Andererseits ist es gerade Aufgabe der Rechtsprechung, auslegungsfähige und gegebenenfalls unklare Normen zu präzisieren. Diese Aufgabe hat die zuständige Große Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes (EPA) in der Vergangenheit sehr gut erledigt.

Bei dem Treffen tauschten sich die Beteiligten ebenfalls zum Stand der Verhandlungen über die Schaffung eines einheitlichen EU-Patents sowie einer einheitlichen Patentgerichtsbarkeit aus. Unter polnischer EU-Präsidentschaft im zweiten Halbjahr 2012 konnten die Verhandlungen weitgehend abgeschlossen werden. Einige wenige Fragen, wie etwa der Sitz der Zentralkammer des Gerichts, sind noch offen. Die Verabschiedung des Reformpakets soll bis Mitte des Jahres abgeschlossen sein. BIO Deutschland begrüßt das EU-Patent ausdrücklich.

Auch die Forderung BIO Deutschlands zur Einführung einer Neuheitsschonfrist wurde diskutiert. Eine Neuheitsschonfrist verhindert, dass eine Vorverlautbarung, insbesondere durch den Erfinder, die in einem gewissen Zeitraum vor Einreichung einer Patentanmeldung erfolgt ist, als Stand der Technik für den Gegenstand der Patentanmeldung Berücksichtigung findet und zur Ablehnung des Schutzrechts führt. Erteilt wird Patentschutz nur für neue Erfindungen - wobei sich neu nach dem Stand der Technik zum Zeitpunkt der Anmeldung (u. U. auch in zeitlicher Nähe nach der Anmeldung – Rechtsprechung große Beschwerdekammer) definiert. Im Bereich der Naturwissenschaften und Technik haben Publikationen in Fachzeitschriften oder Vorträge auf Fachkongresse eine große Bedeutung, insbesondere für junge Wissenschaftler. Um den Veröffentlichungserfolg nicht zu gefährden, verfolgen Wissenschaftler traditionell die Strategie der raschen Veröffentlichung, was die spätere Patentierbarkeit ihrer Erfindungen gefährdet. Das BMJ zeigte sich gesprächsbereit, machte aber deutlich, dass große Teile der deutschen Wirtschaft aus Gründen der Rechtssicherheit die Einführung einer Neuheitsschonfrist ablehnten. Auch könne diese nur auf europäischer Ebene erfolgen. Schließlich brauche das Ministerium konkrete Angaben über Fälle, in denen das Fehlen einer Neuheitsschonfrist zu Nachteilen geführt habe. Ein deutscher Alleingang sei hier nicht möglich.

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