De-facto-Verbot beim Gentechnikgesetz: Regierung verfehlt Ziel

Anlässlich der Anhörung am 26. November 2007 im Bundestag zum Gentechnikgesetz veröffentlichte BIO Deutschland eine neue Stellungnahme.

Der vorliegende Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gentechnikgesetzes (GenTG) und der Entwurf einer Verordnung über die gute fachliche Praxis bei der Erzeugung gentechnisch veränderter Pflanzen (Gentechnik-Pflanzenerzeugungsverordnung - GenTPflEV) verfehlen sowohl den Gesetzeszweck als auch das Regierungsziel. Letzteres sieht vor, dass "Forschung und Anwendung der Gentechnik in Deutschland befördert werden". Hinter dem Etikett von "Wahlfreiheit" und "Koexistenz" verbirgt sich das De-facto-Verbot der Anwendung einer innovativen Technologie in Deutschland, die einen wichtigen Beitrag zur Zukunftssicherung unseres Landes leisten kann.

BIO Deutschland forderte deshalb:

  • die Anspruchs- und Haftungsregelungen anzupassen, um die Rechtssicherheit für alle Nutzer, die Firmen, die Landwirte und Dritte, wie zum Beispiel Imker, zu erhöhen
  • die Landwirte sowie Forscher und Forscherinnen vor Straftaten zu schützen, indem der Standort von Feldern mit biotechnologisch gezüchteten Pflanzen vertraulich behandelt und nur bei Nachweis berechtigten Interesses allein dem Anfrager bekannt gemacht wird
  • den Begriff "Beseitigung" um die Berücksichtigung des Verwendungszwecks der Ernte bei der Anwendung behördlicher Umbruchs- und Vernichtungsanordnungen zu erweitern sowie
  • das Arbeiten mit gentechnisch veränderten Organismen, die keine Mikroorganismen und für die menschliche Gesundheit und die Umwelt sicher sind, wie zum Beispiel Moose, ganz oder teilweise von den Regelungen dieses Gesetzes auszunehmen

Außerdem bat BIO Deutschland die Politik um Unterstützung, wenn die Wirtschaft in Brüssel auf die Ausgestaltung einer Positivliste für sichere Mikroorganismen drängt, um in den Mitgliedsstaaten im Bereich industrielle Biotechnologie unnötige Bürokratie und Kosten zu vermeiden.

Für die Verordnung über die gute fachliche Praxis bei der Erzeugung gentechnisch veränderter Pflanzen (GenTPlfEV) mahnte BIO Deutschland an:

  • die private Absprache zwischen Nachbarn nicht nur zuzulassen, sondern auch im privaten Bereich zu belassen, um so die Bürokratie und Kosten beim Anbau von gentechnisch gezüchteten Pflanzen auf einem wirtschaftlich darstellbaren Niveau zu halten
  • den Abstand zwischen Maisfeldern auf maximal 150 Meter festzulegen und für eine regelmäßige Anpassung der Abstandswerte an den aktuellen Stand der Wissenschaft zu sorgen

Die Vorgabe von 150 m wurde bereits gemacht, um eine Vermischung auf Nachbarfeldern deutlich unter dem Kennzeichnungsschwellenwert von 0,9% sicher zu gewährleisten. Die willkürliche Verdopplung des 150-Meter-Abstands auf 300 Meter gegenüber ökologisch bewirtschafteten Flächen lehnte BIO Deutschland entschieden ab. Es ist wissenschaftlich wenig sinnvoll. Außerdem gilt auch für ökologisch erzeugte Produkte der Kennzeichnungsschwellenwert von 0,9%. Allein dieser Schwellenwert, nicht aber die subjektiven unternehmerischen Interessen der ökologisch wirtschaftenden Erzeuger, sind für die Verhaltenspflichten der GVO-Anbauer maßgeblich. Für die Einhaltung des Schwellenwertes von 0,9 % sind bereits 150 Meter mehr als ausreichend.

Weder Gegner noch Befürworter der Biotechnologie sind mit dem Ergebnis zufrieden. Mit der Gesetzesänderung, so der Deutsche Bauernverband, werde das im Koalitionsvertrag festgeschriebene Ziel einer Förderung der Gentechnik-Anwendung in Deutschland nicht erreicht. Insbesondere die unveränderten Haftungsregelungen beim Anbau gentechnisch veränderter Organismen (GVO), nach denen Landwirte verschuldensunabhängig haftbar sind, auch wenn sie der "guten fachlichen Praxis" folgen, seien nicht akzeptabel. Das Gesetz schwäche den Innovationsstandort Deutschland, kritisierten Vertreter der Industrie. Die Angaben im öffentlich zugänglichen Teil des Standortregisters müssten auf die Gemarkung beschränkt werden, um Zerstörungen auf GVO-Feldern zu verhindern. Als "wissenschaftlich nicht begründet" werden die Anbauabstände von GVO-Mais zu herkömmlichem Mais von 150 Metern und zu ökologisch bewirtschafteten Flächen von 300 Metern abgelehnt. Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) bemängelte die Haftungsregelungen hingegen aus einem anderen Grund. Sie seien unzureichend, da sie erst bei einer Verunreinigung von 0,9 Prozent greifen würden. Dieser Grenzwert sei zu hoch angesetzt und schaffe Rechtsunsicherheit. Wolle man Kontamination verhindern, müsse der Wert auf 0,1 Prozent gesenkt werden. Das entspräche einer Eins-zu-eins-Umsetzung der EU-Vorgaben, so der BÖLW.

Den vollständigen Text der Stellungnahme als PDF-Datei finden Sie unter: "Positionspapiere"

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