August 2007
Erste BIO Deutschland-Pressekonferenz am 20. August in Berlin
"Die Biotechnologie-Industrie in Deutschland sieht sich derzeit mit einer Flut von Gesetzesvorhaben konfrontiert, die eine Entwicklung eines im globalisierten Wettbewerb starken Industriezweiges behindert", so Dr. Peter Heinrich, Vorstandssprecher des Unternehmerverbandes BIO Deutschland e.V. während der 1. BIO Deutschland-Pressekonferenz am 20. August in Berlin.
Denn nicht nur die vierte Novellierung des Gentechnikgesetzes, die jüngst vom Kabinett verabschiedet wurde, und die immer noch im Vergleich zu anderen Ländern restriktive und wissenschaftlich unbefriedigende Stichtagsregelung beim Stammzellgesetz, sondern auch die Unternehmensteuerreform oder das Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalgesellschaften (MoRaKG) gefährden derzeit massiv die Entwicklung des innovativen Mittelstandes in Deutschland und schwächen seine Position an den internationalen Märkten.
Vor mehr als 20 Vertretern aus regionalen, deutschlandweiten und internationalen Funk- Print- und TV-Medien referierten Dr. Peter Heinrich, Rolf Mathies, Managing Partner der Venture Capital-Gesellschaft Earlybird aus Hamburg, Prof. Dr. Olaf Wilhelm, Vorstandsvorsitzender der börsennotierten Wilex AG und Dr. Rainer Wessel, Vorstandsvorsitzender der Ganymed Pharmaceuticals AG zu den aktuellen Themen der Branche. Moderiert wurde die Pressekonferenz von Dr. Viola Bronsema, Geschäftsführerin der BIO Deutschland.
Rolf Mathies sagte zum Thema Wagniskapital, dass die Bundesregierung mit dem neuen Gesetz die Verbindung zwischen unternehmerischem Handeln und Spitzenforschung schwäche. "Die Biotechnologie-Industrie ist eine der forschungsintensivsten Branchen überhaupt. Ein Gesetz, das die Investitionen dafür unrentabel macht, kann nicht im Sinne der von der Bundesregierung verabschiedeten Hightech-Strategie zur Entwicklung eines Spitzenstandortes für Innovation sein."
"Ein Schritt in die richtige Richtung wäre die steuerliche Unterstützung innovativer Technologie-Unternehmen, die einen hohen Prozentsatz ihrer Ausgaben für Forschung und Entwicklung aufwenden, wie bereits in anderen europäischen Ländern üblich", so Prof. Dr. Olaf Wilhelm. Hingegen sähe der Entwurf des MoRaKG des Finanzministeriums (BMF) als "Zielgesellschaften" für förderwürdige Beteiligungen mit Wagniskapital allein Firmen mit nicht mehr als 20 Millionen Euro Eigenkapital an, die vor längstens zehn Jahren gegründet wurden. Unternehmen, die Medikamente entwickelten - das Gros der Biotech-Branche -, hätten in der Regel einen langen und großen Bedarf an Kapital, das über mehrere Finanzierungsrunden mit oft zweistelligen Millionenbeträgen zufließt.
Dr. Rainer Wessel fügte hinzu: "Die Regierung sollte Möglichkeiten der uneingeschränkten und zeitlich unbegrenzten Nutzung von Verlustvorträgen bei innovativen Technologie-Unternehmen und aus Beteiligungen an solchen Unternehmen schaffen". Weiter sagte er, dass es wichtig wäre, die geplanten Anlagebestimmungen zu verändern: Eine starre Beteiligungshöhe von 70 Prozent würde zu einer umgehenden Gefährdung der Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft und ihrer Anleger führen. Denn diese könne auf Grund eines typischen Abschlusses einer Investition lediglich vorübergehend unterschritten werden. Zudem sei die vorgesehene Mindeststückelung eine unangemessene Benachteiligung von privaten Kleinanlegern, ohne dem Anlegerschutz tatsächlich dienen zu können.
Die Biotechnologie sei für dieses Jahrhundert eine der wichtigsten Schlüsseltechnologien und Innovationstreiber, ergänzte Heinrich. Sie lege mit die Grundlage für einen nachhaltigen wirtschaftlichen Aufschwung. Mit Wachstumsraten von 15 bis 20 Prozent weltweit sei sie einer der größten Wachstumsmotoren sowohl für den Arbeits- als auch für den Kapitalmarkt. Innovative Biotech-Wirkstoffe machten bereits heute 27 Prozent der weltweiten Medikamentenforschung und 10 Prozent der weltweiten Medikamentenumsätze aus. Nur bei einer Verbesserung der Rahmenbedingungen werde das Fortbestehen eines innovativen und vielversprechenden Industriezweiges gewährleistet werden können.