Januar 2019
Informationen zu Auswirkungen des Brexit auf Unternehmen
Die Modalitäten des Brexit sind nach wie vor unklar. Daher sollten sich auch deutsche Unternehmen aufgrund der engen wirtschaftlichen Verbindungen mit dem Vereinigten Königreich (VK) auf das Szenario eines harten Brexits vorbereiten.
So sind massive Verwerfungen in den Marktzugangsbedingungen zu befürchten. Hiervon betroffen wären insbesondere Unternehmen, die britische Lieferanten und/oder Kunden haben und über keinerlei oder wenig Erfahrung bei der Abwicklung von Geschäften mit Drittländern verfügen. Um z. B. weiterhin störungsfrei in den Firmen forschen und entwickeln zu können, können ggf. alternative Lieferanten von Chemikalien, Materialien und Instrumenten innerhalb der EU gesucht werden. Zusätzlich betroffen wären aber auch Unternehmen, die zwar mit der Abwicklung von Drittlandgeschäften vertraut sind, aber die Besonderheiten (die noch zu verhandeln sind) des Brexit in ihre Geschäftsabläufe integrieren müssen.
Die Hersteller von pharmazeutischen und Medizinprodukten sind in ihrer Wertschöpfungskette stark innerhalb Europas integriert. Sie werden durch rechtliche Systeme und Arrangements zwischen EU-Institutionen, Mitgliedsstaaten und nationalen Behörden auf europäischer Ebene reguliert. Durch den Brexit wären der Zugang und die Distribution von pharmazeutischen und medizinischen Produkten möglichen Verzögerungen ausgesetzt. Mit dem Austritt des VK fällt das Einfuhrregime für pharmazeutische Produkte zwischen der EU27 und dem VK wahrscheinlich wieder auf WTO-Status zurück. Damit würden zusätzliche Anforderungen für den Import pharmazeutischer Produkte in die EU27 anfallen, wie zum Beispiel besondere Testverfahren und die Bestätigung durch sog. Sachkundige Personen („Qualified Persons“). Zusätzlich könnten pharmazeutische Produkte an mehreren Stellen der Wertschöpfungskette durch Zollanforderungen betroffen sein, was zu weiteren Verzögerungen führt. Zwar beinhaltet das WTO-Pharmaabkommen grundsätzlich eine Zollregelung für die meisten pharmazeutischen Produkte. Jedoch sind nicht alle medizinischen Produkte dort registriert bzw. dadurch abgedeckt. Eine Einzelfallprüfung ist im Zweifel ratsam. Die Duplikation von regulativen Prozessen für neue oder bestehende Marktzulassungen kann zu Verzögerungen führen und beeinflusst, wie schnell Patienten Medikamente erhalten. Dies gilt es zu vermeiden. In jedem Fall kann durch die Erlaubnis von sogenannten gemeinsamen Verpackungen, sog. „shared packs“, der Vertrieb im VK und der EU27 deutlich erleichtert werden.
Hat ein Unternehmen Produktzulassungen und Zertifizierungen für den EU-Markt im VK erhalten, könnte sich dies auch auf die CE-Kennzeichnung auswirken. Hiervor hat die Europäische Kommission in einem offiziellen Schreiben gewarnt. Sollte das VK die EU im März 2019 ohne Austrittsabkommen verlassen, verlieren Zertifikate von britischen Instituten in den übrigen 27 EU-Mitgliedstaaten ihre Gültigkeit. Folglich dürften die betroffenen Produkte nicht mehr in der EU in Verkehr gebracht werden.
Mit dem Austritt des VK verlören britische Institute somit ihren Status als „benannte Stelle“ und könnten keine in der EU gültigen Konformitätsbewertungen mehr vornehmen. Die Europäische Kommission empfiehlt betroffenen Unternehmen daher, sich schon jetzt darauf vorzubereiten, um sicherzustellen, dass sie über ein gültiges Zertifikat für ihr Produkt verfügen.
Unternehmen, deren Produkte im Vereinigten Königreich zertifiziert wurden, haben hier zwei Möglichkeiten: Zum einen können sie eine neue Konformitätsbewertung bei einem Zertifizierungsinstitut, einer „benannten Stelle“, in einem der verbleibenden Mitgliedstaaten beantragen und zum anderen gibt es die Option, das bestehende Dossier in einen anderen EU-Mitgliedstaat übertragen zu lassen. Hierzu ist eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem Unternehmen, der britischen sowie der neuen „benannten Stelle“ notwendig.