Verband äußert sich zur Novellierung des Arzneimittelgesetzes

BIO Deutschland e. V., fordert eine stärkere Berücksichtigung der Interessen von innovativen kleinen und mittleren Biotechnologie-Unternehmen (KMU) bei der Novellierung des Arzneimittelgesetzes (AMG). In einer Stellungnahme anlässlich einer Anhörung am 10. Januar im Bundesgesundheitsministerium (BMG) in Bonn machte BIO Deutschland deutlich, dass für die forschenden Unternehmen, die für Patientinnen und Patienten neue Wirkstoffe und therapeutisch wirksamere Behandlungsformen entwickeln, der Anreiz für Investitionen in medizinischen Fortschritt und die Planungssicherheit für die Aufrechterhaltung des Betriebes gewährleistet werden müssen.

„Der Verband begrüßt zwar grundsätzlich, dass das BMG die Anpassung des AMG an aktuelle europäische Vorschriften nutzt, um andere anstehende Veränderungen anzugehen. Allerdings werde hier die Gelegenheit versäumt, dringend notwendige Verbesserungen durchzuführen“, sagte Peter Buckel, Leiter der BIO Deutschland-Arbeitsgruppe "Regulatorische Angelegenheiten".

Ein Beispiel hierfür ist der in der Novelle neu geplante Umgang mit Zubereitungen von Immun- und Blutstammzellen: Stammzelltransplantationen werden bei lebensbedrohlichen hämatologischen Erkrankungen wie beispielsweise einer akuten Leukämie durchgeführt. Die Patienten sind häufig Kinder, die Zellen von fremden Spendern erhalten. Nach einer derartigen Transplantation muss das Immunsystem neu etabliert werden. In dieser Zeit sind die Patienten besonders anfällig für Infektionen, die mit Immunzellen (Lymphozytenzubereitung) des bereits bekannten Spenders behandelt werden können. Nach der Neuregelung wäre zwar eine Stammzelltransplantation möglich, Behandlungen von Folgeinfektionen mit den Zellen desselben Spenders würden jedoch nur verzögert und mit erheblichem Aufwand durchgeführt werden können. Es steht zu befürchten, dass viele Kinder/Patienten durch diesen Bürokratismus nicht optimal behandelt werden können.

Für den Fall, dass die Notwendigkeit gesehen wird, Spenderlymphozytenzubereitungen dem vorgesehenen Genehmigungsverfahren zu unterwerfen, ist aus Sicht BIO Deutschlands eine Übergangsregelung angemessen. „Gerade forschende KMU benötigen einige Zeit, um sich auf die geänderten Verhältnisse einzustellen und das Geschäftsmodell anzupassen“, sagte Markus Hofbauer, zweiter Leiter der BIO Deutschland-Arbeitsgruppe "Regulatorische Angelegenheiten". Es sei wichtig sicherzustellen, dass bis zur Entscheidung über einen Genehmigungsantrag nach § 21a Abs. 1 AMG Spenderlymphozytenzubereitungen weiterhin in Verkehr gebracht werden dürfen.

Ein weiteres Beispiel von Standort gefährdenden Maßnahmen in der neuen AMG-Novelle sind Regelungen, die die klinische Forschung mit Arzneimitteln in Deutschland hemmen würden. BIO Deutschland warnt, dass die Forderung im neuen § 40 Abs. 1a AMG, in welcher der „Prüfer [...] mindestens einen Stellvertreter mit gleicher Qualifikation zu benennen [hat]“, dazu führen wird, dass klinische Prüfungen an vielen deutschen Prüfstellen nicht mehr durchführbar sein werden. Dies betrifft hauptsächlich die Praxen von niedergelassenen Ärzten, es betrifft aber auch viele Prüfstellen an Kliniken. Daher fordert der Verband den letzten Satz des neuen § 40 (1a) zu streichen, um die klinische Forschung mit Arzneimitteln in Deutschland nicht zu gefährden.

BIO Deutschland weist darauf hin, dass gerade Biotech-KMU nicht nur ein wichtiger Teil der Wertschöpfungskette in der Medizin sind. Sie sind auch Quelle von neuen Geschäftsmodellen, Produkten und Prozessen und vor allem: Sie leisten einen überproportionalen Beitrag zum Wachstum der Arbeitsplätze und zu den Aufwendungen für Forschung und Entwicklung. Der Verband fordert daher, manche der vorgesehenen AMG-Änderungen kritisch zu beurteilen und die Gesetzesnovelle im Sinne der Innovationen für Patientinnen und Patienten sowie für die Stärkung des Innovationsstandortes Deutschland durchzuführen.

BIO Deutschland hat sich in der öffentlichen Anhörung entsprechend den Ausführungen in der schriftlichen Stellungnahme insbesondere zur Änderung der §§ 4b, 13, 20b und 21/21a AMG positioniert.

Es ist geplant bis Juli 2012 den Entwurf dem Bundesrat vorzulegen. Das Gesetzgebungsverfahren hat demzufolge einen engen Zeitplan.

Den kompletten Text der BIO Deutschland-Stellungnahme finden Sie unter: www.biodeutschland.org/positionspapiere.html

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