Die Herren der Ringe

Die PlasmidFactory ist so alt wie das Jahrhundert. Mit dessen bisher größten medizinischen Innovationen, den Gen- und Immuntherapien, wächst sie in eindrucksvollem Tempo heran. Aus ursprünglich vier Beschäftigten sind mittlerweile 34 geworden, der Umsatz hat sich in jedem der drei vergangenen Jahre verdoppelt. Besonders für mRNA-Impfstoffe und CAR-T-Zelltherapien werden die hochwertigen Plasmide und Plasmidderivate des Bielefelder Unternehmens in aller Welt immer stärker nachgefragt.

Die weltweite Nachfrage nach Plasmiden wird deren Angebot nach Überzeugung von Martin Schleef in den kommenden Jahren weit übersteigen.

Plasmide sind kleine Ringe aus doppelsträngiger DNA, mit denen Bakterien natürlicherweise genetische Informationen untereinander austauschen oder in Wirtszellen übertragen. Als Martin Schleef sich in seiner Doktorarbeit mit ihnen beschäftigte, waren sie längst zu unverzichtbaren Werkzeugen der Biotechnologie geworden. Ihre  Qualität ließ aber nicht selten zu wünschen übrig. Wie man sie verbessern kann, studierte Schleef als Postdoktorand am Institut Pasteur in Paris. Anschließend setzte er seine Karriere bei QIAGEN fort, bevor er 2000 mit drei Kollegen die PlasmidFactory gründete – mit dem Anspruch, Plasmide höchster Qualität herzustellen. Zwar wurden sie anfangs von der Universität Bielefeld unterstützt, mussten aber ohne Risikokapital auskommen. So starteten sie ihr Geschäft mit zwei Fermentern, die sie defekt in den USA gekauft und in Bielefeld repariert hatten.

Martin Schleef leitet die PlasmidFactory seit 2000. Er versteht sich primär als Wissenschaftler, der eine Firma betreibt, und nicht als Unternehmer, der nebenbei auch forscht. Das bindet die Firma fest in ein dichtes und hochrangiges Geflecht akademischen Austauschs ein. Ihr Fokus auf die Forschung hat einerseits zur Entwicklung von Plasmiden geführt, die so effizient sind, dass zwei statt drei von ihnen ausreichen, um virale Genfähren zu beladen (AAV 2-Plasmid-System), was die Kosten einer hochskalierten Produktion solcher Fähren erheblich senkt. Andererseits ist es der PlasmidFactory gelungen, die proprietäre Minicircle-Technologie zu entwickeln, für die sie alle relevanten Patente besitzt. Minicircles sind Plasmide, aus denen das bakterielle Rückgrat entfernt wurde, zu dem zum Beispiel Antibiotika-Resistenzgene gehören. Sie bestehen fast nur noch aus den DNA-Informationen, die tatsächlich gebraucht werden.

Minicircles erfüllen in idealer Weise die hohen regulatorischen Anforderungen an Gen- und Immuntherapien. Um CAR-T-Zellen herzustellen, die in der Lage sind, Krebszellen zu erkennen und zu zerstören, werden einem Patienten körpereigene Immunzellen entnommen, gentechnisch modifiziert und anschließend wieder infundiert. Bisher war die Modifikation der T-Zellen nur mit Hilfe viraler Vektoren möglich. Mit Minicircles kann das mit solchen Vektoren verbundene Sicherheitsrisiko umgangen werden, was die Entwicklung hochwirksamer Krebstherapien erleichtert. PlasmidFactory arbeitet dabei eng mit dem Max Delbrück Centrum und dem Universitätsklinikum Würzburg zusammen.

Die weltweite Nachfrage nach Plasmiden wird deren Angebot nach Überzeugung von Martin Schleef in den kommenden Jahren weit übersteigen. PlasmidFactory setzt deshalb auf ein Wachstum, bei dem Forschung und Produktion in einem vernünftigen Gleichgewicht stehen. Dafür hat das Unternehmen einen finanzstarken internationalen Investor gefunden: ArchiMed, einen führenden Private Equity-Fonds, der ausschließlich im Gesundheitswesen aktiv ist. Ende September 2022 wurde die Zusammenarbeit besiegelt.

Die PlasmidFactory GmbH ist ein weltweit tätiges biopharmazeutisches Unternehmen, das im Jahr 2000 in Bielefeld gegründet wurde. Als führender Auftragshersteller (CMO) für Plasmid- und Minicircle-DNA haben wir einen starken Kundenstamm in den Bereichen Krebsforschung, Gen- und Zell-Therapie, CAR-T-Zell-Entwicklung und genetische Impfung.

plasmidfactory.com

Weil DNA-Plasmide eine Schlüsselkomponente für die Produktion von mRNA-Impfstoffen sind – sie bilden wie ein Druckstock deren spiegelbildliche Matrize –, avancierte die PlasmidFactory während der Pandemie zu einem der gefragtesten Auftragshersteller. Um der Nachfrage Herr zu werden, errichtete das Unternehmen mit finanzieller Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen im Rekordtempo eine neue Produktionsanlage für besonders reine und hochmoderne Plasmide, die im Dezember 2021 in Betrieb genommen wurde.

Redaktion: Dr. Claudia Englbrecht englbrecht@biodeutschland.org, Joachim Pietzsch j.pietzsch@wissenswort.com