Positionen zum Thema Biokraftstoffe - Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Impulse für die Wirtschaft durch Biotechnologie

17.08.2018

  1. Als Antwort auf die Klimaveränderung als eine der großen globalen Herausforderungen dieses Jahrhunderts gibt der „Klimaschutzplan 2050“ der Bundesregierung erstmals Ziele für die Handlungsfelder Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft sowie Landnutzung und Forstwirtschaft vor.
  2. Um die Klimaziele tatsächlich erreichen zu können, bedarf es erheblich verstärkter Anstrengungen zur Reduzierung der Emissionen von Treibhausgasen (THG) in allen genannten Bereichen. Dies kann mit Hilfe innovativer Technologien wie der Biotechnologie gelingen. Dank biotechnologischer Prozesse können umweltfreundliche, nachwachsende Rohstoffe gewonnen und verarbeitet werden, sowie bestehende Produktionsprozesse nachhaltig und klimaverträglich gestaltet werden.
  3. Einige Produktionsprozesse sind bereits marktreif entwickelt, insbesondere die fermentative oder enzymatische Umwandlung von land- oder forstwirtschaftlichen Reststoffen zu Biokraftstoffen mittels Mikroorganismen oder Enzymen. Weitere Prozesse zur Herstellung von verschiedensten Biochemikalien sind in der Entwicklung weit fortgeschritten.
  4. Eine Schlüsselrolle zur Senkung der THG-Emissionen spielt der Verkehr. Das stark gewachsene Verkehrsaufkommen über die letzten 25 Jahre hat dazu geführt, dass trotz umfangreicher Effizienzsteigerungen der CO2-Ausstoß ansteigt. Im Verkehrssektor soll der Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 um 40 - 42 % gegenüber 1990 gesenkt werden. Bei einer bloßen Fortsetzung der bisherigen Bemühungen, die THG-Emissionen zu reduzieren, wird Deutschland sein Klimaziel, bis 2020 40 % THG einzusparen, jedoch nicht erreichen. Insgesamt nahmen die energiebedingten THG zwischen 1990 und 2015 nach Angaben des Umweltbundesamtes in Deutschland lediglich um rund 26,5 % ab[1].
  5. Daher müssen alle sinnvollen Möglichkeiten zur Vermeidung von CO2-Ausstoß genutzt werden. Eine radikale Beschleunigung der Marktdurchdringung durch Elektrofahrzeuge ist nur zu spürbar höheren volkswirtschaftlichen Kosten möglich und ist daher als alleiniges Mittel zur Erreichung der Klimaziele nicht sinnvoll[2]. Selbst wenn der Anteil der Elektromobilität kontinuierlich steigt, werden Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren weiterhin einen wesentlichen Anteil im Straßenverkehr ausmachen. Insbesondere der Schwerlastverkehr sowie die Luft- und Schifffahrt werden auch langfristig auf flüssige Kraftstoffe angewiesen sein.
  6. Hier gilt es schnell umweltschonende Lösungen zu etablieren. Bei der Verbrennung von Energieträgern aus Biomasse wird so viel CO2 freigesetzt, wie zuvor in der Wachstumsphase aus der Luft fixiert wurde. Da nur Emissionen entstehen, die zeitnah durch Biomasse gebunden wurden und werden, bietet Biomasse gegenüber fossilen Energieträgern einen erheblichen Vorteil, da nur geringe zusätzliche Emissionen verursacht werden. Im Jahr 2016 wurden durch den Einsatz von Biokraftstoffen im Verkehrssektor rund sechs Millionen Tonnen CO2-Äquivalente weniger emittiert[3]. Zudem werden Risiken der fossilen Öl- und Gasförderung vermieden, da nachhaltig erzeugte und genutzte Biomasse keine umweltschädigenden Wirkungen entfalten kann. Es besteht auch international Einigkeit, dass Biokraftstoffe nachhaltig produziert werden können, ohne negative Nebeneffekte zu verursachen. Europa besitzt die striktesten Nachhaltigkeitskriterien weltweit. Studien der International Renewable Energy Agency (IRENA) zufolge besteht erhebliches Potential, sowohl Nahrungsmittel als auch Kraftstoffe nachhaltig zu produzieren[4].
  7. Die Biotechnologie ermöglicht die Herstellung von nachhaltigen und klimaneutralen Flüssigkraftstoffen mit einer hohen Energiedichte aus Biomasse. Hierzu gehören vor allem die modernen Biokraftstoffe der 2. und 3. Generation.  Bei modernen Biokraftstoffen der 2. Generation wird entweder das lignozellulosehaltige Material (z.B. aus landwirtschaftlichen Reststoffen) oder die gesamte dedizierte Energiepflanze verwertet. Dazu zählen Bioethanol aus Zellulose wie z.B. aus Stroh oder Biomass to Liquid (BTL)-Biodiesel z.B. aus Holz. Biokraftstoffe der 3. Generation werden durch den Einsatz von Algen hergestellt und  betreiben mit ihrer gesamten Biomasse Photosynthese. 
  8. Solche modernen Biokraftstoffe können die bestehende Infrastruktur nutzen und können sofort im Fahrzeugbestand eingesetzt werden. Somit können Biokraftstoffe ohne Zeitverlust und hohe Investitionsleistung eingesetzt werden. Biokraftstoffe der 3. Generation besitzen zudem eine hohe Variabilität, da das Wachstum der produzierenden Organismen durch die künstliche Steigerung der CO2-Konzentration beschleunigt werden kann.
  9. Durch einen verstärkten Einsatz von modernen Biokraftstoffen kann eine signifikante Senkung der THG-Emissionen im Verkehr erreicht werden. Für mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz im Schwerlast- und Flugverkehr sind moderne Biokraftstoffe unverzichtbar. Im Individualverkehr stellen moderne Biokraftstoffe eine entscheidende Brückentechnologie zur Abkehr von erdölbasierten Kraftstoffen dar.
  10. Schließlich sind die wirtschaftlichen Impulse zu berücksichtigen, die sich aus dem Betrieb von Biomasseanlagen ergeben. Die in Form von Betriebskosten bzw. Umsätzen durch den Verkauf von Biokraftstoffen aus­gelösten wirtschaftlichen Impulse stärken die Wirtschaft nachhaltig, da sie über die gesamte Anlagenlaufzeit von zumeist 20 Jahren kontinuierlich anfallen und mit jeder zusätzlich installierten Anlage weiter wachsen[5].

[1] Daten-Artikel des Umweltbundesamtes „Erneuerbare Energien – Vermiedene Treibhausgase“ vom 15.03.2018

[2] Einschätzung aus dem BMWI im Rahmen der MVaK-Mitgliederversammlung 2018

[3] BMWI Erneuerbare Energien in Zahlen 2016

[4] Boosting Biofuels: Sustainable Paths to Greater Energy Security von April 2016  

[5] BMWI Erneuerbare Energien in Zahlen 2016 bjk

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