Positionspapier zu einem nationalen eHealth-Zielbild

25.01.2018

Deutschland braucht ein nationales eHealth-Zielbild - für eine starke industrielle Gesundheitswirtschaft und eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung

Um die Digitalisierung der Gesundheitsversorgung in Deutschland erfolgreich zu gestalten, fordern Medizintechnik, Biotechnologie, Gesundheits-IT und pharmazeutische Industrie als zentrale Eckpfeiler der industriellen Gesundheitswirtschaft gemeinsam die Entwicklung eines nationalen eHealth-Zielbildes sowie die Implementierung einer daraus abgeleiteten eHealth-Strategie.

Digitalisierung in der Gesundheitsversorgung: Effizienz und Qualität steigern

Durch die Digitalisierung lassen sich bestehende Prozesse in der stationären wie ambulanten Versorgung, in der Forschung und Entwicklung, in der Verwaltung und in der Anwendung für Patientinnen und Patienten im Alltag optimieren. Durch den konsequenten Einsatz von IT in der Versorgung ergeben sich laut einer aktuellen Studie[1] schätzungsweise 39 Milliarden Euro an Effizienzpotenzialen jährlich. Zudem können die Sicherheit und damit die Qualität von einzelnen Prozessen durch digitale Technologien weiter erhöht werden. Dafür müssen bestehende und entstehende Möglichkeiten im Zuge der Digitalisierung aktiv genutzt werden. Das übergeordnete Ziel dabei muss sein, für Patientinnen und Patienten eine bessere medizinische Versorgung zu ermöglichen.

Eine Vielzahl von Ländern innerhalb und außerhalb Europas hat zu diesem Zweck Zielbilder für die digitale Transformation ihrer Gesundheitssysteme entworfen und auf dieser Basis sogenannte eHealth-Strategien als Grundlage für zielgerichtete Maßnahmen geschaffen. Dies führt dort dazu, dass die Digitalisierung der Gesundheitssysteme schnell und erfolgreich voranschreitet, während das deutsche Gesundheitssystem in Erhebungen zum Digitalisierungsgrad hingegen regelmäßig schlecht abschneidet. Die Ergebnisse der zuletzt vom Bundesministerium für Gesundheit veröffentlichten Studie zur „Weiterentwicklung der eHealth-Strategie“ enden mit der Erkenntnis, dass eine Strategie für die Digitalisierung notwendig ist. Dies ist eine wichtige Botschaft. Bekräftigt wird es auch vom Rat der Europäischen Union[2], der die Mitgliedsstaaten aufruft, bestehende nationale Rechts- und Verwaltungsrahmen einer Überprüfung zu unterziehen, die zur Beseitigung von Hindernissen für die stärkere Nutzung des Potenzials der digitalen Gesundheitsversorgung führen soll. Der industriellen Gesundheitswirtschaft kommt in diesem Prozess eine herausragende Rolle zu. Arbeitswelten und Berufsbilder werden sich verändern, Finanzierungsfragen der Digitalisierung müssen gelöst werden. Voraussetzung für eine gelungene Veränderung sind eine politische Vision und Zielperspektive, die eine verlässliche Planung ermöglichen.

In drei Schritten zu einem eHealth-Zielbild für Deutschland

Die Ausgestaltung eines Zielbildes für die digitale Transformation des Gesundheitssystems kann nur gelingen, wenn die an der industriellen Gesundheitswirtschaft und an der Gesundheitsversorgung beteiligten Gruppen dieses unter Leitung der politischen Akteure und Entscheidungsträger gemeinsam entwickeln. Es braucht daher einen zielorientierten und zeitlich definierten Prozess, um ein eHealth-Zielbild für Deutschland zu entwickeln und so die Mehrwerte der Digitalisierung für die Versorgung und für den Gesundheitsstandort zu nutzen. In diesem politisch geführten Prozess zur Definition eines klaren und übergeordneten Zielbildes und der Formulierung einer nationalen eHealth-Strategie, kann folgender Ansatz mit drei zentralen Schritten zielführend unterstützen:

  1. Entwicklung eines gemeinsamen Zielbildes für die Digitalisierung im Gesundheitssystem in einem strukturierten Prozess, begleitet durch einen Diskurs zu den Chancen und Risiken der Digitalisierung im Gesundheitssystem.
  2. Ableiten einer nationalen eHealth-Strategie und eines Aktionsplans mit konkreten Maßnahmen und Meilensteine zum Erreichen des Zielbildes.
  3. Umsetzung des Aktionsplans, begleitet durch einen breiten gesellschaftlichen Diskurs zur Stärkung der Akzeptanz für digitale Innovationen im Rahmen einer nationalen Aufklärungskampagne.

Aus der Sicht der Verbände der industriellen Gesundheitswirtschaft sollte der politisch moderierte Prozess zur Erarbeitung eines eHealth-Zielbildes ressortübergreifend von den zuständigen Ministerien angestoßen, zentral koordiniert und moderiert werden. Da es inzwischen viele Positionen und Überlegungen zur Digitalisierung der Gesundheitswirtschaft und des Gesundheitssystems gibt, bedarf es nun eines übergeordneten und koordinierten Prozesses, der alle Überlegungen in einem Zielbild zusammenführt. Nur durch eine zentrale Koordinierung und unter Beteiligung aller Akteure kann eine rasche, sektorübergreifende und ressourcenschonende Umsetzung sowie eine breite gesellschaftliche Akzeptanz garantiert werden.

Für ein innovationsfreundliches und digitalisiertes Gesundheitssystem müssen bestehende Gesetze und Regelungen überprüft und gegebenenfalls aktualisiert werden. Die Erarbeitung eines eHealth-Zielbildes zur Digitalisierung der Gesundheitswirtschaft und der Gesundheitsversorgung sollte unverzüglich nach der Regierungsbildung von der Bundesregierung begonnen werden, um konkrete Maßnahmen und Vorgaben strukturiert zu erarbeiten. Die ersten Maßnahmen sollten noch in dieser Legislatur umgesetzt werden.

Das Zusammenspiel von Akteuren ist unabdingbar für vernetzte Medizin

Ein eHealth-Zielbild sollte dabei zentrale Themen wie die voranschreitende Vernetzung von Medizintechnik, Biotechnologie, Gesundheits-IT und der pharmazeutischen Industrie im Rahmen der personalisierten Medizin und individualisierten Medizintechnik berücksichtigen. Eine intelligente Forschung und Entwicklung, z.B. für die Verknüpfung von Arzneimitteln und Medizinprodukten mit Hilfe von Smart-Data-Analysen, kann besonders bei der Behandlung von komplexen Krankheitsbildern für Patienteninnen und Patienten einen erheblichen Mehrwert schaffen. Eine zentrale Frage ist dabei, wie der Transfer und die Nutzung von unterschiedlichen Gesundheits- und Forschungsdaten zukünftig vertrauensvoll, sicher und offen für medizinische und technische Innovationen geregelt werden kann.

Deutschland braucht ein nationales eHealth-Zielbild, um sein Gesundheitssystem langfristig finanziell zu sichern, die Versorgungsqualität ständig zu verbessern und den Standort Deutschland für die medizinische Forschung und industrielle Gesundheitswirtschaft dauerhaft wettbewerbsfähig zu halten. Die Unterzeichner appellieren gemeinsam an die politischen Entscheidungsträger ein Zielbild für die Digitalisierung und eine nationale eHealth-Strategie, unter Beteiligung aller relevanten Akteure im Gesundheitssystem, zu entwickeln.

Der digitale Wandel bietet die größten Chancen, wenn wir ihn gemeinsam erfolgreich gestalten.

[1]Studie „Effizienzpotentiale durch eHealth“ von Strategy&, PwCs Strategieberatungsteam, im Auftrag der CompuGroup Medical SE und des Bundesverbandes Gesundheits-IT – bvitg e.V., 2017.

[2]Rat der Europäischen Union. „Gesundheitswesen in der digitalen Gesellschaft Fortschritte bei der datengesteuerten Innovation im Gesundheitswesen.“ Schlussfolgerungen des Rates (8.Dezember 2017).“ Brüssel, den 8. Dezember 2017.

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