Positionspapier zu Technologietransfer und Translation

15.02.2017

Von Wissenschaft zu Wirtschaft

Technologietransfer und Translation ausbauen

Die Biotechnologie gilt weltweit als Schlüsseltechnologie mit enormem technologischem Potenzial im Bereich der Gesundheits-, Ernährungs- und Energiewirtschaft. Insbesondere die medizinische Biotechnologie ist geprägt durch hohe Kosten für Forschung und Entwicklung, schnelle Veränderungen, hohe Risiken und lange Entwicklungszyklen. Um sich im globalen Wettbewerb mit innovativen Produkten behaupten zu können, ist ein effektiver Technologietransfer von zentraler Bedeutung. Auch die deutsche Bundesregierung sieht „Gesundes Leben“, „Innovationsdynamik in der Wirtschaft“ und „Vernetzung und Transfer“ als klare Zukunftsaufgaben. Insbesondere sollen auch „Ausgründungen aus Forschungseinrichtungen weiter forciert“ und die „Zahl an innovativen Start-Ups erhöht“ werden.

Das vorliegende Positionspapier der Arbeitsgruppe Technologietransfer (AG TT) der BIO Deutschland widmet sich den Themen Technologietransferlandschaft, Gründungen in der Biotechnologie und Förderprogramme für die Biotechnologie. Für jeden der drei Hauptpunkte bietet das vorliegende Positionspapier eine Beschreibung des Status quo, eine Analyse der aktuellen Situation sowie im Abschluss Handlungsempfehlungen zur Verbesserung des Wissens- und Technologietransfers am Biotechnologie-Standort Deutschland.

Technologietransferlandschaft

Die für die Biotechnologie relevante Technologietransferlandschaft hat sich vor allem seit der Abschaffung des so genannten Hochschullehrer-Privilegs im Jahr 2002 entwickelt und ist heute relativ stark zergliedert. Die finanzielle und personelle Ausstattung der Technologietransfereinrichtungen ist in der Regel begrenzt, die Aufgaben des Technologietransfers sind oft unterschiedlich definiert und bergen Interessenskonflikte. Um die Technologietransfer-Strukturen zu stärken, schlägt BIO Deutschland vor:

Bundesebene

  • Einheitliche Definition des bundesweiten Zwecks des Technologietransfers („Leitbild“)
  • Ausbau der Unterstützung der Technologieweiterentwicklung/-validierung
  • Verankerung der Bedeutung des Technologietransfers bei den Kriterien zur Auswahl von Hochschulen im Rahmen der Exzellenzinitiative
  • Schaffung von Anreizsystemen für eine verstärkte Kooperation zwischen Technologietransferstellen bzw. Patentverwertungsorganisationen
  • Finanzierung der Beratung von Wissenschaftlern sowie von Seminaren, wie ursprünglich im SIGNO-Programm gewährleistet
  • Einführung einer Neuheitsschonfrist

Länderebene

  • Klare Definition der Aufgaben des Technologietransfers
  • Langfristige Stärkung der Technologietransferstellen und Patentverwertungsorganisationen
  • Verstärkte proaktive Beratung durch Experten aus den Lebenswissenschaften an den Forschungsinstituten/Hochschulen

Gründungsdynamik

Unternehmensneugründungen waren und sind für die Entwicklung des Biotechnologie-Sektors in Deutschland maßgeblich. Biotech-Start-Ups sind unerlässliche „Kraftwerke“ für die Translation wissenschaftlicher Forschungsergebnisse in echte Innovationen, und für die Gesamtbranche ist eine bestimmte Erneuerungsrate entscheidend für weiteres Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit. Auch in Bezug auf die internationale Sichtbarkeit des deutschen Biotechnologie-Sektors und die Attraktivität für Investoren und Industriepartner ist eine kritische Masse an innovativen Neugründungen vonnöten. Aktuell nehmen die Gründungszahlen jedoch ab oder stagnieren zumindest auf überschaubarem Niveau. Folgende Handlungsempfehlungen sollen helfen, die Gründungsrate sowie die Wahrscheinlichkeit, dass die Gründungen zu erfolgreichen Unternehmen führen, zu erhöhen:

Bundesebene

  • Ausrichtung des Technologietransferleitbilds auf Unterstützung zur Ausgründung und Verwertung von Forschungsergebnissen
  • Erhöhung der Mittel für das GO-Bio- und das EXIST-Programm
  • Einstiegsmöglichkeit bei GO-Bio auch direkt in Phase II
  • Förderung auch für gründungswillige Wissenschaftler, die die Patente selbst besitzen
  • Öffnung der bestehenden „Pre-Seed“-Programme auch für Gründer aus der Industrie oder Schaffung entsprechender Sonderprogramme
  • Ausschreibung eines nationalen Gründercluster-Wettbewerbs

Länderebene

  • Etablierung regionaler Pre-Seed- und Validierungsprogramme in den Life
    Sciences
  • Förderung von Unternehmertum unterstützenden Hochschulen
  • Stärkere Berücksichtigung der langfristigen Erlöse im Gegensatz zu einer kurzfristigen Profitrealisierung

Förderprogramme

Staatlich geförderte Kooperationsprojekte von Hochschulen bzw. Forschungseinrichtungen mit Unternehmen, insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), stellen eine der wichtigsten Säulen des Wissens- und Technologietransfers dar. Die Förderung von Verbundprojekten senkt Entwicklungsrisiken für kleine und mittlere Unternehmen, schafft Anreize zum Ausschöpfen des Innovationspotenzials am Standort und unterstützt so langfristig die Wettbewerbsfähigkeit. BIO Deutschland schlägt folgende Maßnahmen zur Verbesserung des bestehenden Förderangebotes vor:

Bundesebene

  • Vereinfachung und Zusammenführung der Antragstellung der Bundesförderprogramme
  • Verkürzung der Bewilligungszeiten bei thematischen Ausschreibungen
  • Erhöhung der Verbundförderquote
  • Einführung einer Validierungsförderung für Projekte mit einem Fördervolumen zwischen 100.000 und 500.000 Euro
  • Verbesserung der Beratung der Antragsteller bei grundlagenorientierten Förderprogrammen
  • Erhöhung der Service-Orientierung der Projektträger
  • Förderung klinischer Studien der Phase I und II von KMU
  • Förderung auch von Nicht-KMU, die im Wesentlichen den KMU-Kriterien entsprechen
  • Flexibilisierung der Umwandlung von Kostenarten
  • Stärkere Verfolgung des „Bottom-up“-Ansatzes bei themenspezifischen Ausschreibungen
  • Etablierung eines Expertengremiums / Advisory Boards für die Lebenswissenschaften

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