Positionspapier zum Thema Innovationsfinanzierung in Deutschland

01.07.2014

Deutschland – als Land der Denker und Erfinder – liegt (noch) mit an der Spitze im globalen Innovationswettlauf. Es gilt diese Spitzenstellung zu sichern, um als Hochlohnland auch künftig mit hochwertigen, innovativen Produkten, Verfahren und Dienstleistungen einen attraktiven Technologiestandort darzustellen, der die Grundlage für Wachstum, Arbeitsplätze und Wohlstand bildet. Dabei ist der innovative Mittelstand, als Hauptträger von Beschäftigung und Nährboden für neue Geschäftsideen und Entwicklungen, das Rückgrat der deutschen und europäischen Wirtschaft. Während Deutschland im Maschinen- und Anlagenbau sehr stark aufgestellt ist, verlieren wir gegenüber unseren Konkurrenten auf dem Weltmarkt in anderen Spitzentechnologien, wie u. a. der Biotechnologie, an Boden. Dies liegt vor allem daran, dass die FuE in diesem Bereich nicht bzw. nicht ausreichend finanziert werden können. Es gibt kaum ein aktuelles Problem in den Feldern Nahrung, Gesundheit, Umwelt, Klima und Energie, zu dessen Lösung Biotechnologie keinen nachhaltigen Beitrag leisten kann. Ob Chemie, Pharma, Energie, Werkstoffe und Material: Die Biologisierung der traditionellen Industrien ist nicht mehr aufzuhalten. Deutschland ist ein Land mit vielen bahnbrechenden Innovationen. Allerdings müssen Innovationen und deren Entwicklung erst finanziert werden, bevor sie sich positiv auf die Wirtschaft auswirken können. Die Erforschung und Entwicklung innovativer Spitzentechnologien unterscheidet sich ökonomisch erheblich von etablierten Industrien durch folgende Kernmerkmale:

  • hoher Kapitalbedarf
  • hohes inhärentes Entwicklungs-, Forschungs- und Markteinführungsrisiko
  • lange Entwicklungszeiten (insb. in der Luft- und Raumfahrt, Bio-/Pharmaindustrie)

Speziell in der Biotechnologie- und Pharmaindustrie ist bei einer durchschnittlichen Entwicklungsdauer von zwölf Jahren für ein neues Produkt Kapital von 100 – 500 Mio. € notwendig, um das Produkt zur Marktreife bzw. zur Gewinnschwelle (Cash Break-Even) zu bringen. Die Risiken und der hohe Kapitalverbrauch werden im Erfolgsfall durch hohe Erträge kompensiert. Diese werden von den Investoren antizipiert und können die Bereitstellung von Kapital motivieren. Sofern Investitionen in FuE nicht durch kapitalkräftige Großunternehmen getragen werden, stellt die Finanzierung solcher Innovationen bereits für den Mittelstand, insbesondere aber für neugegründete kleine und mittlere Unternehmen (KMU), eine große, oftmals nicht zu überwindende Hürde dar.

Trotz potenziell hoher Umsätze und vergleichsweise attraktiver Gewinnmargen im Erfolgsfall ist die klassische Fremdkapitalfinanzierung über (Bank-)Kredite nicht möglich. Stattdessen ist die Eigenkapitalfinanzierung über Venture- oder Beteiligungskapital für junge innovative Unternehmen meist die einzige Finanzierungsmöglichkeit. Um den oftmals hohen Kapitalbedarf decken zu können, sind die meisten Unternehmen, die im Bereich der FuE tätig sind, auf internationale Investoren angewiesen und befinden sich somit im (globalen) Wettbewerb um Venture-/Beteiligungskapital.

Während Deutschland im internationalen Vergleich bei den übrigen Standortfaktoren für Spitzenforschung oftmals gut abschneidet, erschweren insbesondere steuerliche Rahmenbedingungen die Venture-Kapitalfinanzierung junger Unternehmen im Vergleich zu anderen Ländern.

Gerade in der gegenwärtigen Situation niedriger Zinsen und hohen Anlagedruckes auf attraktive Renditechancen bei institutionellen Investoren wirkt dieser Befund auf den ersten Blick überraschend. Bei näherer Betrachtung scheint dem eine allgemeine Risikobefangenheit zugrunde zu liegen, die es zu durchbrechen gilt. Formale Anlagehemmnisse müssen vermieden oder abgebaut werden. So sollen etwa deutsche Versicherungsunternehmen künftig nur noch in solche Venture-Kapital- oder Private Equity Fonds investieren dürfen, die nicht nur aufsichtsrechtlich registriert, sondern darüber hinaus auch noch eine Genehmigung für ihr Geschäft erhalten haben. Entsprechende Änderungen der Anlageverordnung liegen derzeit im Entwurf vor. Dies führt bei professionellen Anlegern, die in ihren Asset Management-Abteilungen hohe Expertise vorhalten, zu entsprechend eingeschränkten Anlagemöglichkeiten, da nur noch Produkte lizenzierter Fondsmanager erwerbbar sind, und zu um die Regulationskosten reduzierte Renditen.

Qiagen ebenso wie Jungunternehmen konnten und können nur durch Venture-Kapital prominente Erfolge feiern. Unternehmen, die in Deutschland nicht zu vergleichbaren Konditionen die nötigen Finanzmittel einwerben, sehen sich gezwungen, ihre Unternehmenssitze in Länder mit attraktiveren Rahmenbedingungen zu verlagern. Die Entwicklung und Vermarktung neuer Technologien, wesentlichen Säulen unseres breiten Wohlstands, werden zunehmend durch diese Umstände bedroht.

Auch im Bereich der Privatinvestoren gibt es ein erhebliches Interesse, sich mit Venture-Kapital an jungen Technologien zu beteiligen. In dem Maße, wie bedingt durch neue investmentrechtliche Regularien (AIFM-Richtlinie / Kapitalanlagegesetzbuch - KAGB) und den damit verbundenen Kosten und Auflagen bisher schlank und kosteneffizient aufgestellte Fondsmanagementgesellschaften sich aus dem Markt zurückziehen, sind sogenannte Crowdfunding- und Crowdinvesting-Plattformen auf dem Vormarsch, um die Investorenbedürfnisse nach Eigenkapital zu erfüllen. Diese dürfen nicht noch weiter durch zusätzliche Regularien und Auflagen beschränkt werden.

Neben diesen generellen und auch regulationsspezifischen Anlagefaktoren finden sich auch im steuerlichen Umfeld wichtige Stützfaktoren.

Das vorliegende Positionspapier greift diese Problemstellung der fehlenden Finanzierung von innovativen Wachstumsunternehmen in Deutschland auf und stellt Maßnahmen vor, mit welchen diese Finanzierungslücke überbrückt werden kann. Dabei werden Maßnahmen wie Steuergutschriften (sog. Tax Credits) untersucht, die auf Unternehmensebene wirken, in dem sie den Cashflow auf Unternehmensebene verbessern, sowie Maßnahmen auf der Investorenebene, die die Bereitstellung von Kapital für die Unternehmen verbessern. Dabei wird aufgrund in Frankreich und Großbritannien bestehender oder in der Diskussion befindlicher Vehikel auch ein staatlich geförderter Fonds untersucht, welcher durch steuerliche Anreize Investoren motivieren soll, in ihn und somit in junge, innovative Wachstumsunternehmen zu investieren. Im Rahmen dieses Positionspapiers wurde eine Analyse durchgeführt, in welcher der Wirkungsgrad der verschiedenen steuerlichen Maßnahmen auf die Investitionsbereitschaft der Investoren sowie auf eine Risikoreduzierung von Investitionen in junge Wachstumsunternehmen dargestellt werden. Zudem wird die Effizienz der Maßnahmen für den Staat aufgezeigt.

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