Positionspapier zur Early Certainty in Examination des Europäischen Patentamtes

08.02.2017

Der Branchenverband der Biotechnologieunternehmen, die Biotechnologie-Industrie-Organisation Deutschland e.V. (BIO Deutschland) begrüßt das Vorhaben des Europäischen Patentamtes (EPA), Patentprüfungsverfahren effizienter zu gestalten sowie die Rechtssicherheit für nicht am Prüfungsverfahren beteiligte Dritte zu erhöhen. Die derzeit diskutierte Verkürzung der Patentprüfungsverfahren auf zwölf Monate (Early Certainty in Examination) würde jedoch bedeuten, dass von den Patentprüferinnen und -prüfern beim EPA mehr Prüfungsleistung erbracht werden muss, um eine gleichbleibende Qualität bei der Patentprüfung sicher zu stellen.

Die Verkürzung der Laufzeit des Patentverfahrens führt auch zu einer früheren Kostenbelastung bei den Anmeldern, da die Validierung in den einzelnen Ländern früher erfolgt. Bei biotechnologischen Patentanmeldungen, die aufgrund ihrer Komplexität umfangreicher ausfallen und die in der Regel auch in Ländern validiert werden, die auf das Übersetzungserfordernis gemäß dem Londoner Übereinkommen nicht vollständig verzichtet haben, kommt es dadurch bereits in frühen Unternehmensphasen zu hohen Kosten.

Für Erfinder, kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), Technologietransfereinrichtungen sowie für akademische Institutionen ist meistens aus Kostengründen eine vollständig eigene Entwicklung nicht möglich. Diese gehen regelmäßig bereits in frühen Phasen Kooperationen ein, in deren Rahmen anmeldungsrelevante Daten nach außen gegeben werden, um Investoren und Partner mit an Bord zu holen. Eine frühe Patentanmeldung ist daher unumgänglich. Um im Rahmen eines verkürzten Patentprüfungszeitraums die Möglichkeit beizubehalten, spezifische, nicht geprüfte Aspekte später weiter zu verfolgen, wären mehr Teilanmeldungen erforderlich, was zu signifikant höheren Kosten führte.

Darüber hinaus müssen die speziellen Bedürfnisse von KMU insbesondere aus der Biotech- und Medtech-Branche Berücksichtigung finden. Gerade bei frühen Anmeldungen in forschungsintensiven komplexen Branchen, wie der Biotechnologie, resultieren Nachteile daraus, dass die meisten Projekte zum Zeitpunkt der Patentanmeldung noch in der frühen Phase der Erprobung stecken und oft noch nicht eindeutig ist, welcher Aspekt der Anmeldung die spätere Entwicklung genau abdeckt.

BIO Deutschland macht sich daher für eine effektive Patentprüfung ohne Benachteiligung einzelner stark und fordert

  • anstelle eines starren zwölfmonatigen Patentprüfungsverfahrens durch eine Early Certainty in Examination soll eine Verkürzung des Prüfungsverfahrens nur auf Antrag entweder von Seiten einer dritten Partei oder von Seiten des Anmelders erfolgen.

Sollte das EPA eine Early Certainty in Examination mit den benannten Eckdaten einführen, fordert BIO Deutschland

  • eine Ausnahmeregelung für Antragsteller zu schaffen, bei der auf Antrag eine Patentprüfung außerhalb der Early Certainty in Examination Initiative erfolgt („De-PACE“). Damit kann den speziellen Bedürfnissen der im Bereich der Spitzentechnologie tätigen KMU entsprochen werden.

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