Positionspapier zur gültigen Gesetzgebung hinsichtlich der Entwicklung und Zulassung von Arzneimitteln für neuartige Therapien (Advanced Therapy Medicinal Products - ATMP)

04.04.2011

Die Entwicklung von neuartigen Therapieformen (wie z.B. Regenerative Medizin sowie Zell- und Gentherapie) wird allenthalben als sehr positiv bewertet und gerne als ein Beispiel für den Hightech-Standort Deutschland angeführt. Bereits jetzt hat der Einsatz von zelltherapeutischen Produkten zu einer Verbesserung der Behandlung von  Patientinnen und Patienten mit bestimmten Krankheiten geführt, die bislang nur schwer oder gar nicht behandelt werden konnten. Vielversprechende neue Ansätze sind derzeit in der Entstehung. Am 30.12.2008 trat die Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 über die Arzneimittel für neuartige Therapien (ATMP-Verordnung) in Kraft, die spezielle  Vorschriften für die Genehmigung und Überwachung von Arzneimitteln für neuartige Therapien festlegt.

Der Wirtschaftsverband der deutschen Biotechnologiebranche, die Biotechnologie-Industrie-Organisation Deutschland e.V. (BIO Deutschland), begrüßt ausdrücklich, dass durch diese Verordnung ein klarer Rechtsrahmen für Arzneimittel für neuartige Therapien (engl.: Advanced Therapy Medicinal Products-ATMP) geschaffen wurde. Die neuen Regelungen sind jedoch zum Teil innovationshemmend, insbesondere für kleine und mittlere innovative Unternehmen (KMU).

Diese neue Verordnung macht eine zeit- und kostenintensive zentrale europäische Zulassung obligatorisch. Die gesetzte Übergangsfrist zur Erlangung der zentralen Zulassung für Firmen, die bereits Produkte im Markt haben (zum Teil seit mehreren Jahren), ist so kurz gewählt, dass die geforderten Auflagen kaum innerhalb der Frist umgesetzt werden können. Als Folge werden die betroffenen Firmen ihre Produkte teilweise vom Markt nehmen müssen. Es sind somit Umsatzausfälle zu erwarten, die gerade von forschenden KMU nicht kompensiert werden können. Diese Unternehmen haben zumeist nur ein oder wenige Produkte und können daher nicht wie die Großindustrie über andere Projekte die entstehenden Kosten ausgleichen. Außerdem müssen teilweise bereits von den Krankenkassen erstattete Produkte im Rahmen der geforderten klinischen Studien als Prüfpräparate kostenlos abgegeben werden. Die Kosten hierfür können mehrere tausend Euro pro Prüfpräparat betragen und sind deshalb für KMU nicht ohne weiteres darzustellen ohne die Existenz zu gefährden.

Bereits 2007, mit dem Inkrafttreten des „Gewebegesetzes“ (Gesetz über Qualität und Sicherheit von menschlichen Geweben und Zellen), welches die EU Richtlinie 2004/23/EG in nationales Recht umsetzte, kam es zu einer Belastung für KMU durch vermehrten bürokratischen Aufwand, der die Entwicklung von innovativen Therapien erschwerte. Aufgrund der Vielzahl der ineinandergreifenden Regelungen und der unterschiedlichen Auslegung durch die einzelnen Landesbehörden ergibt sich ein diffuses Bild. Die in einem Bundesland durchführbare Gewebe- oder Zellentnahme ist u. U. in anderen Bundesländern unter den gleichen Bedingungen nicht möglich. Daher fordert die BIO Deutschland,

1. bereits rechtmäßig im Markt befindliche ATMP solange vertriebsfähig zu belassen, bis über die zentrale Zulassung entschieden wurde, wenn vor Ablauf der Übergangsfrist ein Antrag auf Zulassung bei der EMA eingereicht wurde.

2. die Förderung klinischer Studien von ATMP, die sich bereits rechtmäßig im Markt befinden, durch Kompensation der Kosten für Prüfpräparate, die bisher durch die GKV erstattet werden.

3. die Regelungen zu den Entnahmestellen zu vereinheitlichen und dabei sicherzustellen, dass gleiche Anforderungen in allen Bundesländern gelten.

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