Positionspapier zur Verbesserung der Finanzierung des innovativen Mittelstandes in Deutschland

14.02.2017

Der Anteil kontinuierlicher Forschung und Entwicklung (F&E) in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ist ein wichtiger Indikator für die Zukunftsfähigkeit einer Volkswirtschaft. Innovative Unternehmerinnen und Unternehmer sorgen dafür, dass Innovationen zur Wertschöpfung direkt am Standort beitragen, sie schaffen Arbeitsplätze und eröffnen Entwicklungschancen. Es gilt darum dem besorgniserregenden Rückgang der Innovationsaufwendungen in KMU am Standort Deutschland etwas entgegen zu setzen. Biotechnologie ist eine Spitzentechnologie. Es gibt kaum ein aktuelles Problem in den Feldern Nahrung, Gesundheit, Umwelt, Klima und Energie, zu dessen Lösung Biotechnologie keinen nachhaltigen Beitrag leisten kann. Rein akademische Errungenschaften allein schaffen jedoch keine neuen Arbeitsplätze, vielmehr müssen Erfindungen und neue Technologien unternehmerisch umgesetzt werden, damit Arbeitsplätze, Produkte und Dienstleistungen sowie steuerliche Leistungsfähigkeit entstehen. Dies geht nur, wenn der Aufbau hoch innovativer Unternehmen finanzierbar ist. Während die unmittelbare Gründungsförderung für die frühe Phase in Deutschland gut funktioniert, fehlt es an privatem Wachstumskapital, um solide und nachhaltig profitable Unternehmen aufzubauen. Zur nachhaltigen Sicherung einer leistungs- und zukunftsfähigen Volkswirtschaft wird dringend ein „Wertschöpfungskreislauf für Innovationskapital“ gebraucht, der die rasche Translation wissenschaftlicher Exzellenz in neue Produkte und Dienstleistungen ermöglicht.

Die Bundesregierung hat mit einigen Maßnahmen versucht Deutschland wieder attraktiver für Venture Kapital (VC) zu machen. Im Folgenden schätzt BIO Deutschland diese neuen Maßnahmen aus Sicht der Biotechnologie-Industrie ein.

  • Der High Tech Gründer Fonds (HTGF) funktioniert sehr gut insbesondere in der Startphase, auf die er spezialisiert ist. Für Neugründungen ist er mit wenigen Ausnahmen das zentrale Instrument für die Startfinanzierung. Für eine Spätphasenfinanzierung im Biotechbereich oder großvolumige Finanzierung ist der HTGF nicht aufgelegt und kann dies auch nicht leisten.
  • Der neu aufgelegte Fonds coparion ist ein sehr nützliches Instrument. Für die forschenden Biotechnologieunternehmen ist er leider um einen Faktor zehn zu klein.
  • Die 2016 neu ins Leben gerufene Wachstumsfazilität ist ebenfalls ein sehr nützliches Instrument. Für die forschenden Biotechnologieunternehmen ist sie leider deutlich zu klein.
  • Der vom Bundesfinanzministerium geplante, zehn Milliarden Euro schwere Tech Growth Funds trifft den Bedarf der Biotechnologieunternehmen im Kern nicht, da für die allermeisten VC-finanzierten Biotechnologieunternehmen eine Co-Finanzierung durch Fremdkapital schwer möglich sein dürfte.
  • Die durch das 6. SGB IV-Änderungsgesetz für Krankenkassen und Unfallversicherungsträger geschaffene Möglichkeit, künftig einen begrenzten Teils des Deckungskapitals für Altersrückstellungen von Dienstordnungsangestellten in Aktien anzulegen, ist sehr zu begrüßen. BIO Deutschland fordert diese Möglichkeit nicht nur zum Zweck der Alterssicherung, sondern generell mit der Deckelung bei zehn Prozent einzuführen. Gleichzeitig sollte die Beschränkung auf Aktien gelöst und Investments in Fonds ebenso ermöglicht werden.

Darüber hinaus schlägt BIO Deutschland weitere Maßnahmen vor, die geeignet sind, einen funktionierenden Wertschöpfungskreislauf für die Innovationsfinanzierung in Deutschland zu etablieren.

  • BIO Deutschland fordert, die Abgeltungssteuer für Investitionen in forschungsintensive Unternehmen abzuschaffen und dies mit einer entsprechenden Regelung in § 20 Abs.2 S. 1 Nr. 1 EStG umzusetzen.
  • BIO Deutschland fordert, auf Investorenebene den INVEST-Zuschuss für Wagniskapital auf alle - direkte oder indirekte - Investoren von Eigenkapital oder eigenkapitalähnlichem Kapital zu erweitern, die in junge, innovative Unternehmen investieren. Dabei sollten auch Unternehmen bei einem
    Börsengang im Falle der Zuteilung aus einer Kapitalerhöhung eingeschlossen werden.
  • BIO Deutschland fordert, dass ein Fonds in Deutschland eingeführt wird, der sowohl eine Anrechnung eines Teils der Investitionen auf die Einkommensteuerschuld als auch eine Befreiung von der Besteuerung im Erfolgsfall vorsieht (Schaffung eines Innovationsfonds Deutschlands für die Entwicklung des Entrepreneurship - IDEE).
  • BIO Deutschland begrüßt, die von der Bundesregierung mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften[1] geschaffene Möglichkeit über den neuen § 8d KStG einen fortführungsgebundenen Verlustvortrag festzustellen. Da dies aber nicht alle Probleme der Verlustvortragsregelung des § 8c KStG lösen kann, fordert BIO Deutschland einen ausschließlich steuerbilanziellen aktiven Sonderposten „Forschungs- und Entwicklungsleistung“ zu schaffen, der dazu dienen kann, die in der Anlaufphase anfallenden Verluste, soweit sie auf Forschungs- und Entwicklungskosten fallen, bei Bedarf bilanziell auszugleichen.
  • BIO Deutschland setzt sich für die Einführung einer 10%-igen steuerlichen Forschungsförderung ein. Darüber hinaus empfiehlt BIO Deutschland erhöhte Fördersätze bei KMU (30% der F&E Kosten), um die in der Einleitung beschriebene rückläufige Innovationsintensität bei KMU aufzuheben. Für die forschenden Unternehmen ist es dabei sehr wichtig, dass diese Forschungsförderung auch in Verlustphasen ausgezahlt werden kann.

[1]     Vgl. Gesetz vom 20.12.2016 (Bundesgesetzblatt Teil I 2016 Nr. 63 23.12.2016 S. 2998b)

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