Stellungnahme des BIO Deutschland e. V. zum Referentenentwurf für ein Medizinforschungsgesetz (MFG)

15.02.2024

Zusammenfassung

Dem Strategiepapier „Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Pharmabereich in Deutschland - Handlungskonzepte für den Forschungs- und Produktionsstandort“ der Bundesregierung folgend, sieht der vorliegende Gesetzentwurf vor, eine Bundes-Ethik-Kommission einzurichten, um den Start von Forschungsvorhaben zu beschleunigen. Diese soll beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) angesiedelt sein und ab 2025 die datenschutzrechtliche und strahlenschutzrechtliche Bewertung von klinischen Studien zu neuen Arzneimitteln, die erstmals am Menschen geprüft werden sowie Gen- und Zelltherapeutika übernehmen. Zudem sollen das BfArM und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) sich bei der Zulassung von Arzneimitteln besser koordinieren. Das PEI ist unter anderem für Impfstoffe und Gentherapien zuständig, das BfArM für herkömmliche Arzneimittel. Ziel ist eine bessere Verzahnung des strahlenschutzrechtlichen Anzeige- und Genehmigungsverfahrens mit den medizinprodukterechtlichen Genehmigungs- oder Anzeigeverfahren und den Verfahren zur Genehmigung einer klinischen Prüfung mit Arzneimitteln. Es wird ein sogenannter Single-Gate-Ansatz eingeführt, bei dem alle strahlenschutzrechtlichen Anzeige- oder Genehmigungsverfahren über dasselbe elektronische Einreichungsportal erfolgen. Die Prüfung der strahlenschutzrechtlichen Anzeigeverfahren soll vollständig an die Ethik-Kommissionen abgegeben werden. Außerdem soll es künftig auf bestimmte Indikationen spezialisierte registrierte Ethik-Kommissionen der Länder geben. Auch sollen die Prüffristen deutlich verkürzt und an die Fristen der Genehmigung einer klinischen Prüfung angeglichen werden. Darüber hinaus werden Hürden für die Durchführung dezentraler klinischer Prüfungen abgebaut, indem der Sondervertriebsweg für Prüf- und Hilfspräparate erweitert und die elektronische Einwilligung ermöglicht werden. Die Kennzeichnung von Prüf- und Hilfspräparaten wird erleichtert und die Genehmigung mononationaler klinischer Prüfungen beschleunigt. Zusätzlich wird das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) Standardvertragsklauseln für die Durchführung klinischer Prüfungen erarbeiten und zur Verfügung stellen.

Die zuständigen Bundes- und Landesbehörden sollen gestärkt werden, indem die jeweils zuständige Bundesoberbehörde ermächtigt wird, Empfehlungen zur Auslegung der EU-Grundsätze und Leitlinien Guter Herstellungspraxis zu veröffentlichen. Das soll die zuständigen Behörden der Länder dabei unterstützen, die Auslegungspraxis in den Bereichen der Herstellung und der Prüfung von Arzneimitteln für neuartige Therapien, insbesondere von Gen- und Zelltherapeutika, weiter zu harmonisieren. Gleichzeitig erhalten die zuständigen Behörden der Länder ein Antragsrecht gegenüber der zuständigen Bundesoberbehörde für die Klärung von Fragen der Auslegung der Grundsätze und Leitlinien der Guten Herstellungspraxis für Arzneimittel für neuartige Therapien.

Bei Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen sollen Pharmaunternehmen die Option auf eine Vertraulichkeit des Erstattungsbetrags erhalten, die bis zum Wegfall des Unterlagenschutzes gilt. Dadurch wird der Erstattungsbetrag künftig nicht mehr in den allgemein verwendeten Verzeichnissen öffentlich zugänglich gemacht und somit die externe Referenzierung und die damit verbundenen negativen Effekte verhindert.

BIO Deutschland begrüßt die Bestrebungen des Gesetzgebers, den Gesundheits- und Forschungsstandort Deutschland attraktiver zu machen. Die politischen Versäumnisse der letzten Jahre haben dazu geführt, dass Deutschland im internationalen Vergleich als Studienstandort an Attraktivität verloren hat. Dementsprechend sind die nun getroffenen Maßnahmen zum ganz überwiegenden Teil sehr zu begrüßen. Gleichwohl werden diese nicht dazu führen, dass Deutschland wieder zum europäischen Spitzenreiter bei klinischen Studien wird. Dafür sind u. a. weitergehende Maßnahmen für die Durchführung von dezentralen klinischen Prüfungen notwendig. So müssten beispielsweise das elektronische Datensammeln und Datenmanagement ermöglicht werden und es bräuchte eine Erlaubniserfordernis, die Source Data Verification auch digital durchführen zu können. Zudem bleiben datenschutzrechtliche Herausforderungen im Bereich klinischer Prüfungen ungelöst. So sind Studiensponsoren weiterhin damit konfrontiert, den stark variierenden Anforderungen der lokalen Datenschutzbeauftragten der teilnehmenden Studienzentren gerecht zu werden. Neben der Vertraulichkeit der Preise müssen auch die AMNOG-Leitplanken, der Kombinationsrabatt und die Orphan Drug-Schwelle auf die politische Agenda. Nur wenn die Grundlagen zur Anerkennung des Werts von Arzneimitteln wieder stimmen, werden auch wieder mehr klinische Studien nach Deutschland kommen.
BIO Deutschland fordert daher:

  • Bessere Verzahnung von pharmarechtlichen und gentechnikrechtlichen Anforderungen für ATMP
  • Etablierung eines innovationsfreundlichen Umfelds (Überarbeitung AMNOG, GKV-FinStG)
  • Europaweite Harmonisierung datenschutzrechtlicher Anforderungen bei klinischen Prüfungen
  • Verbindliche Vorgaben für (europäische) Studienzentren, die an europäischen Studien teilnehmen wollen
  • Verpflichtende Mustervertragsklauseln zur Durchführung klinischer Prüfungen
  • Möglichkeiten der Digitalisierung für dezentrale klinische Studien konsequent zu nutzen
  • Ermöglichen von vertraulichen Erstattungsbeträgen auch für Indikationserweiterungen

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