Stellungnahme des BIO Deutschland zum Antrag der Fraktion der CDU/CSU „Deutschland als Innovations-, Biotechnologie- und Pharmastandort stärken, EU-Mittel sichern, IPCEI Health beitreten“ (Drs. 20/2376)

27.02.2023

Der Biotechnologie kommt nicht nur durch die wirtschaftliche Bedeutung für den Standort Deutschland eine besondere Rolle zu. Es gibt kaum ein aktuelles Problem in den Feldern Gesundheit, Nahrung, Umwelt, Klima und Energie, zu dessen Lösung Biotechnologie keinen nachhaltigen Beitrag leisten kann. Ob Chemie, Pharma, Energie, Werkstoffe und Material: Die Biologisierung der traditionellen Industrien ist nicht mehr aufzuhalten. Beispiele finden sich in den Themen Medizin (Diabetes-, Krebs- und Rheumamedikamente, COVID und genetische Erkrankungen), Umwelt (Kläranlagen, Waschmittel), Klima (CO2-neutrale Produktion), Rohstoffe ((abbaubares) Bioplastik) und Energie (Biokerosin). Die enormen technologischen Entwicklungen und Erkenntnisse im Rahmen der biotechnologischen Forschung der letzten 20 Jahre haben den Einsatz biotechnologischer Verfahren für eine nachhaltigere Produktion sowie Entwicklung bisher nicht dagewesener Therapieoptionen ermöglicht.

Deutschland sollte seiner führenden europäischen Rolle gerecht werden und dem europäischen IPCEI (Important Project of Common European Interest) Health schnellstmöglich beitreten. Denn dieses bietet der hiesigen industriellen Gesundheitswirtschaft die Möglichkeit einer besonderen Unterstützung bzw. Förderung für hochinnovative Ansätze, die kurz vor Marktreife sind, aber vor Hindernissen im hochregulierten deutschen Gesundheitsmarkt (GKV-Bereich) stehen. Auch der Ausbau der digitalen FuE- und Versorgungsinfrastruktur sollte transnational erfolgen (Bio-/Datenbanken), um Forschung zu beschleunigen oder neue Werkzeuge wie Künstliche Intelligenz für die Entwicklung neuer Therapien zum Einsatz bringen zu können.

Die Beteiligung von Unternehmen wird maßgeblich von der konkreten Ausgestaltung und vor allem der Definition der Fördergegenstände sowie der Förderkriterien/-quoten abhängen. Darum ist es umso wichtiger, dass Deutschland in einer koordinierten Anstrengung von BMWK, BMBF und BMG sowie der Wirtschaft eine deutsche Beteiligung an der so genannten 2. Welle des IPCEI Health gut vorbereitet, ohne die Themen der 1. Welle zu vernachlässigen.

Bei der Betrachtung der Standortbedingungen, die für eine vitale Biotechnologiebranche in Deutschland unerlässlich sind, wird deutlich, dass nach wie vor erhebliches Verbesserungspotential besteht. Deutsche Biotechnologieunternehmen sind auf ein funktionierendes Finanzökosystem angewiesen, das ihnen den Zugang zu frischem Kapital für die Innovationsfinanzierung ermöglicht. Die Bundesregierung hat in den zurückliegenden Jahren einige Maßnahmen ergriffen, die speziell auf die Förderung von Venture Capital-Investitionen abzielten. Doch die speziellen Bedarfe und herausfordernden Rahmenbedingungen bei der Finanzierung von innovativen Biotechnologieunternehmen, konnten dadurch nicht vollumfänglich angegangen werden. Durch den vorgeschlagenen BioTech Future Fonds könnten offene Lücken bei der mittel- und langfristigen Finanzierung von Unternehmen insbesondere im medizinischen Biotechnologiebereich geschlossen werden. Voraussetzung für einen langfristigen Erfolg des BioTech Future Fonds wäre allerdings eine ausreichende Verzahnung mit bestehenden Fördermöglichkeiten und Programmen.

BIO Deutschland spricht sich daher nachdrücklich dafür aus, dass

  • sich die Bundesregierung klar und deutlich zum IPCEI Health positioniert, um den Unternehmen Planungssicherheit zu gewähren,
  • das weitere Vorgehen beim IPCEI Health eng mit den verschiedenen Stakeholdern abgestimmt wird,
  • mit Hilfe des BioTech Future Fonds bestehende Lücken bei der Finanzierung von innovativen Biotechnologieunternehmen geschlossen werden,
  • die verschiedenen Fördermöglichkeiten und -initiativen zielgerichtet ineinandergreifen,
  • das Investitionsprüfungsverfahren schlank und effektiv gehalten werden, um wichtige Investoren nicht abzuschrecken,
  • Unternehmen und Investoren beim Start der Investitionsprüfung über die konkrete Dauer des Verfahrens im Einzelfall informiert werden, und
  • ein Biotechnologierat gegründet wird, der sich nachdrücklich für eine Nationale Biotechnologie-Agenda einsetzt.

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