Stellungnahme des BIO Deutschland zum Eckpunktepapier zu den Regelungen zur Mitarbeiterkapitalbeteiligung

01.03.2023

Besonders Start-ups sowie kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) fällt es immer schwerer, im internationalen Wettbewerb um Spitzenforscherinnen und -forscher mitzuhalten. Dies betrifft vor allem die kapital- und forschungsintensive Branche der Biotechnologie1, die bei der Mitarbeiterentlohnung nicht mit der global agierenden Pharma- und Chemieindustrie konkurrieren kann. Umso wichtiger ist es, den meist kleinen und jungen Unternehmen im Biotechnologiebereich zu ermöglichen, dringend benötigte Fachkräfte gewinnen und auch langfristig halten zu können. Eine Möglichkeit, dieses Ziel zu erreichen ist die Mitarbeiterkapitalbeteiligung. Aus unserer Sicht muss dieses Instrument so weiterentwickelt werden, dass im globalen Kontext gleiche Rahmenbedingungen herrschen und es nicht zu Wettbewerbsnachteilen deutscher Unternehmen kommt. Dies ist jedoch durch die aktuelle Gesetzgebung in Deutschland nicht ausreichend sichergestellt, denn anders als z.B. in England, den USA, Frankreich, Irland und Israel erfahren Mitarbeiterkapitalbeteiligungen hierzulande keine weitreichenden steuerlichen Begünstigungen. Von den genannten Märkten sind für die Biotechnologie-Industrie insbesondere die USA, England und Israel von großer Bedeutung.

Echte Mitarbeiterkapitalbeteiligung

Anteilsoptionen, die regelmäßig als sog. Employee Stock Option Plans (ESOP) ausgegeben werden, gewähren den Mitarbeitenden nach Eintritt bestimmter Bedingungen, bspw. Beschäftigungszeit im Unternehmen oder Erreichung bestimmter wirtschaftlicher Zielgrößen, die Möglichkeit, eine bestimmte Anzahl an Unternehmensanteilen zu einem bestimmten Ausübungspreis zu erwerben. Die „echte“ Beteiligung liegt somit in der Zukunft. Trotzdem ist am Ende eine echte Beteiligung am Unternehmen das Ziel. Es handelt sich somit um ein langfristig angelegtes Beteiligungsprogramm.

Werden Mitarbeitenden echte Geschäftsanteile als „Belohnung“ zugewendet, besteht das Risiko einer sog. „Dry Income“-Besteuerung, d.h. einer Besteuerung ohne gleichzeitigen Zufluss liquider Mittel. Denn bei unentgeltlicher oder vergünstigter Übertragung von Geschäftsanteilen ist der hierin liegende geldwerte Vorteil als verdeckter Arbeitslohn zu versteuern, wenn – wie in der Regel der Fall – die Grundlage für die Übertragung ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis ist.

Virtuelle Mitarbeiterkapitalbeteiligung

Für Start-ups und KMU ist eine virtuelle Mitarbeiterkapitalbeteiligung in Form von Virtual (oder Phantom) Stock Option Plans (VSOP oder PSOP) in der Regel die deutlich einfachere Lösung. Die virtuellen Gesellschaftsbeteiligungen werden ausschließlich durch einen schuldrechtlichen Vertrag zwischen dem Unternehmen und den Mitarbeitenden eingeräumt. Im Falle des Eintritts bestimmter zuvor festgelegter Bedingungen (typischerweise im Falle des Verkaufs einer Mehrheitsbeteiligung am Unternehmen oder auch ein Börsengang (IPO)) wird der Mitarbeitende durch die Zahlung einer Vergütung in Höhe des Wertes seiner virtuellen Anteile so gestellt, als hielte er echte Anteile am Unternehmen.

Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer ergibt sich bei dieser rein wirtschaftlichen Beteiligungsform gegenüber den klassischen Formen der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung der große Vorteil weitgehender Gestaltungsfreiheit, da die teils engen Vorgaben des Gesellschaftsrechts nicht zu beachten sind. Die Beteiligung wird oft als Kompensation für ein geringeres entgeltliches Gehalt gegenüber der Anstellung bei einem Großunternehmen angesehen. Gleichzeitig haben Mitarbeitende dann ein hohes persönliches Interesse daran, dass das Start-up sich positiv entwickelt und einen erfolgreichen Exit ansteuern kann. Der Exit bei einem Therapieentwickler ist oft der Verkauf an ein Pharma-Unternehmen oder ein Börsengang im Ausland2. Virtuelle Beteiligungen sind aus Mitarbeitersicht aber oft weniger transparent.

1 BIO Deutschland Umfrage 10/2022 www.biodeutschland.org/de/pressemitteilungen/innovative-biotechnologie-branche-fordert-ausbildung-und-zuwanderung-von-fachkraeften-fuer-die-zukunft.html

2 Warum der Börsengang für Biotechnologie-Unternehmen in Deutschland keine bevorzugte Wahl ist, hat BIO Deutschland bereits in zahlreichen anderen Positionspapieren und Stellungnahmen herausgearbeitet siehe bspw: www.biodeutschland.org/de/position_finanzen.html

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