Stellungnahme zum Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG)

09.06.2010

Der Wirtschaftsverband der Biotechnologiebranche, die Biotechnologie-Industrie-Organisation Deutschland e.V. (BIO Deutschland), begrüßt den Willen des Gesetzgebers zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der Gesetzlichen Krankenversicherung. Für die forschenden Unternehmen, die für Patientinnen und Patienten neue Wirkstoffe und Behandlungsmöglichkeiten entwickeln, muss jedoch der Anreiz für Investitionen in medizinischen Fortschritt und die Planungssicherheit für die Aufrechterhaltung des Betriebes gewährleistet werden.

Neue Behandlungsmöglichkeiten bringen möglicherweise auch zusätzliche Kosten mit sich. Auf diese Entwicklung müssen sich die Gesellschaft und ihr Gesundheitssystem vorbereiten. Vor dem Hintergrund, dass schwere Erkrankungen wie Krebs oder seltene chronische Erkrankungen heute mit Biopharmazeutika behandelt werden, mahnt BIO Deutschland, mit den Entwicklungen im Gesundheitssystem umsichtig und im Sinne sowohl der Patientinnen und Patienten, die die Medikamente benötigen, als auch der Unternehmerinnen und Unternehmer, die die Medikamente entwickeln und herstellen, umzugehen.

BIO Deutschland begrüßt, dass die Festsetzung, ob ein Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen dem Verhandlungsmodell mit den Krankenkassen (GKV-Spitzenverband oder einzelnen Krankenkassen direkt) unterliegt oder direkt in das Festbetragssystem übernommen wird, aufgrund einer Nutzenbewertung erfolgt. Ferner ist positiv, dass das differenziertere Instrument der Kosten-Nutzen-Bewertung nunmehr nach Festsetzung der Erstattung aufgrund eines Schiedsspruches und nur auf Antrag durchgeführt wird. Wie bereits in unserem Positionspapier vom 01. Dezember 2009 ausgeführt, kann jedoch dieses Instrument nur dann zu mehr Wirtschaftlichkeit führen, wenn eine geeignete Methodik gewählt wird.

Nach wie vor plädiert BIO Deutschland für mehr Transparenz bei der Erstellung von Therapiehinweisen, die über den Umfang der arzneimittelrechtlichen Zulassung, über Wirkung, Wirksamkeit sowie Risiken informieren und Empfehlungen zur wirtschaftlichen Versorgungsweise, zu Kosten sowie gegebenenfalls notwendigen Vorsichtsmaßnahmen geben. Weil in der Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) keine transparenten Kriterien existieren, ist nicht ersichtlich, auf welcher Datenbasis und nach welchen konkreten Kriterien der jeweilige Therapiehinweis formuliert wurde. Die Möglichkeit für mehr Transparenz zu sorgen, wurde im AMNOG versäumt.

Verhandlungs- oder Vereinbarungslösungen dürfen nicht dazu führen, dass die Refinanzierungsmargen für Innovationen verloren gehen. Der attraktive Preis einer Innovation eröffnet Möglichkeiten zur weiteren Forschung: Gerade in der Onkologie und in vielen kleinen Indikationsgebieten besteht nach wie vor ein hoher medizinischer Bedarf. Der zu erzielende Preis lenkt die Forschungsmittel in diese Bereiche. Übertriebene Preissenkungen erodieren diesen Anreiz, die Forschungsanstrengungen werden dann reduziert.

Daher fordert BIO Deutschland:

  • Medikamente für seltene Krankheiten, die gemäß der Verordnung EG NR. 141/2000 im Gemeinschaftsregister für  Arzneimittel für seltene Erkrankungen eingetragen sind, in der Neufassung des § 35a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch in der Fassung des AMNOG (SGB V-E) bereits im Gesetzestext von der Nutzenbewertung auszunehmen,
  • im Rahmen des § 35 a Abs. 2 Satz 3 SGB V-E klarzustellen, dass das Einsichtsrecht des G-BA und des Institutes für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in die Zulassungsunterlagen nur für die Unterlagen des zu bewertenden erstattungsfähigen Arzneimittels mit neuen Wirkstoffen besteht, dessen Nutzenbewertung nach Einreichung der Nachweise durch den Hersteller durchgeführt werden soll,
  • die wesentlichen Verfahrensregelungen der in § 35 a SGB V-E vorgesehenen Nutzenbewertung auf Gesetzesebene zu treffen, statt eine Ermächtigung für den G-BA vorzusehen,
  • bei § 35 b Abs. 1 Satz 2 SGB V-E sicherzustellen, dass eine breite Kostenperspektive Anwendung findet, so dass insbesondere auch die Kosten gesamter Therapiestrategien miteinander zu vergleichen sind, statt auf eine beschränkte Kostenbetrachtung auf den Apothekenabgabepreis abzustellen,
  • vor Einführung einer Regelung zu Veröffentlichungspflicht von Ergebnissen klinischer Prüfungen – wie in § 42 b AMG-E vorgesehen – die angekündigten Regelungen auf Europäischer Ebene abzuwarten, um eine aufgrund europäischer Vorschriften notwendige Anpassung bzw. Änderung zu vermeiden.

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