Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Arzneimittelversorgung in der GKV (GKV-Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz – AM-VSG) (BT Drucksache 18/10208)

13.12.2016

Der Branchenverband der Biotechnologieunternehmen, die Biotechnologie-Industrie-Organisation Deutschland e.V. (BIO Deutschland), begrüßt, dass die Bundesregierung den Verband in Den Pharmadialog eingebunden hat und in dessen Ergebnis konkrete Feststellungen zur Verbesserung des Gesundheitsstandortes Deutschland getroffen wurden. Mit dem vorgelegten Gesetzesentwurf sollen einige dieser Erkenntnisse umgesetzt werden. Dabei kommt es immer auf ein ausgewogenes Verhältnis der Interessen zwischen allen Beteiligten an. Es ist oft schwierig, allen Anforderungen entlang der Wertschöpfungskette hinreichend gerecht zu werden. Im Fokus müssen neben der Gesundheit der Bevölkerung auch die lokale Wertschöpfung, der Ausbau der Arbeitsplätze sowie eine gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt bleiben. Der Gesetzesentwurf ist grundsätzlich geeignet diesen Interessens-ausgleich zu adressieren. Jedoch bedarf es aus Sicht BIO Deutschlands einiger wesentlicher Nachbesserungen.

In der Medizin eröffnen Biotechnologieunternehmen bisher unzugängliche Wege zur Heilung bislang nicht behandelbarer Erkrankungen. Prävention, Früherkennung, Therapie und Nachsorge werden maßgeblich von den Fortschritten in der Biologie geprägt. Unternehmerinnen und Unternehmer der Biotechnologie-Industrie bilden heute eine wesentliche Schnittstelle zwischen der Akademie und den traditionellen Branchen. Viele Mitgliedsunternehmen der BIO Deutschland arbeiten daran, den Bedarf an neuen Therapien und Begleitdiagnostik zu derem gezielten Einsatz zu befriedigen. Die Biotechnologie ist nicht nur eine Chance für den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Deutschland, sondern auch eine große Hoffnung für die Patientinnen und Patienten.

BIO Deutschland begrüßt die vorgeschlagenen Änderungen, mit denen die Resistenzsituation bei Antibiotika im Rahmen der Festbetragsgruppenbildung (§ 35 Abs. 1 S. 2 SGB V) und bei der Bewertung des Zusatznutzens von Antibiotika (§ 5 Abs. 5 S. 2 AM-NutzenV) zu berücksichtigen sind. Jedoch muss der im Gesetzesvorschlag enthaltene, auslegungsbedürftige Begriff „Resistenzsituation“ näher konkretisiert werden.

BIO Deutschland versteht die Änderung des § 35a Abs. 3 S. 5 SGB V als Ermächtigung für den Ausschluss von Subpopulationen und schlägt deshalb vor, ihn zu streichen.

BIO Deutschland bedauert ausdrücklich, dass die noch im Referentenentwurf vorgesehene Möglichkeit der erneuten frühen Nutzenbewertung vor Ablauf der Jahresfrist in den Fällen, in denen neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen (§ 35a Abs. 5 SGB V), nicht mehr im Gesetzesvorschlag enthalten ist.

BIO Deutschland begrüßt die Aufnahme der Prüfpflicht samt nachfolgender Anpassungsverpflichtung in § 87 Abs. 2a SGB V ausdrücklich. Eine Erstattung gezielter Schnelldiagnostika im Bereich der Antibiotikaresistenzen ist erforderlich, um einerseits schnell eine ziel- und resistenzgerechte Antibiotikatherapie zu beginnen und andererseits dadurch die weitere Ausbreitung von Resistenzen einzudämmen. BIO Deutschland schlägt vor, die Gelegenheit zu nutzen und festzulegen, dass die ärztlichen Leistungen zur Diagnostik extrabudgetär (außerhalb der morbiditätsgebundenen Gesamtvergütung) finanziert werden, um negative Effekte auf andere Honorarteile der vertragsärztlichen Versorgung und damit Umgehungsmöglichkeiten zu vermeiden. Darüber hinaus müssen Anreize in der hausärztlichen Versorgung geschaffen werden, die eine Diagnose vor der Antibiotikagabe sicherstellen.

BIO Deutschland begrüßt die Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes insb. bei „Companion Diagnostics“ (§ 87 Abs. 5b SGB V) grundsätzlich als wesentlichen Schritt in die richtige Richtung. Die vorgeschlagene Regelung enthält trotz des positiven Ansatzes jedoch eine unnötige zeitliche Verzögerung der Erstattungsfähigkeit der „Companion Diagnostics“ in der Zeitspanne von der Zulassung des Arzneimittels bis zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), die beseitigt werden muss.

Zur Konkretisierung der Möglichkeit, Preis-Mengen-Regelungen im Rahmen der Rabattverhandlungen zu treffen, fordert BIO Deutschland, den Satz 4 des § 130b Abs. 1a SGB V zu streichen.

Hinsichtlich der Sanktionierung für die Nichteinreichung bzw. unvollständige Einreichung des Dossiers für die frühe Nutzenbewertung fordert BIO Deutschland, die Sätze 5 und 6 des § 130b Abs. 3 SGB V so zu formulieren, dass sie nur die vom Unternehmen verschuldete Unvollständigkeit des Dossiers erfassen.

BIO Deutschland fordert die vorgeschlagene Neuregelung in § 130b Abs. 3b SGB V ersatzlos zu streichen. Die geplante Umsatzschwelle trifft insbesondere hochinnovative Arzneimittel bei bisher nicht behandelbaren Krankheiten, in denen ein dringender Bedarf besteht. Verschärft wird das Problem, wenn ein großer Bedarf (z. B. aufgrund weniger oder nicht vorhandener Therapiealternativen) und große Gruppen Betroffener (insb. bei den sog. Volkskrankheiten) bestehen.

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