Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften (BT-Drucksache 18/9986)
17.11.2016
Der Branchenverband der Biotechnologieunternehmen, die Biotechnologie-Industrie-Organisation Deutschland e.V. (BIO Deutschland), begrüßt ausdrücklich, dass die Bundesregierung dem seit langem vorgetragenen Problem der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften durch den vorgelegten Gesetzesentwurf begegnen möchte.
Die Regelung des § 8c KStG ist seit ihrer Einführung kontrovers diskutiert worden und hat in der Praxis ihre Schwierigkeiten bei der Anwendung gezeigt.
Die forschenden Biotechnologieunternehmen, zumeist kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), in Deutschland sind vielfach auf die Finanzierung durch Eigenkapital in Form von Venture Capital (VC) angewiesen. Gerade in frühen Phasen verändern oder adaptieren ihre Geschäftsmodelle regelmäßig, um auf Veränderungen am Markt bzw. auf Erkenntnisse aus den vorhergehenden Entwicklungsschritten zu reagieren. Die biomedizinische Forschung hat einen sehr hohen Kapitalbedarf, der bei Anteilseignerwechseln oft 25 % des gezeichneten Kapitals überschreitet. Andererseits schreiben die Unternehmen wegen der hohen Entwicklungskosten Verluste und generieren zunächst keine Umsätze.
- 8c KStG benachteiligt forschungsintensive Biotech-KMU gegenüber großen Unternehmen bzw. Konzernen. Durch die Veränderung der Beteiligungsstruktur bei notwendigen Finanzierungsrunden, gehen bestehende steuerliche Verlustvorträge anteilig oder gar ganz untergehen und private Kapitalgeber müssen im Ergebnis aus der Substanz, d.h. dem Eigenkapital des jeweiligen Unternehmens, zu entrichtende Steuern mitfinanzieren. Hierdurch erhöht sich das unternehmerische Wagnis privater Kapitalgeber und es wird für junge Technologieunternehmen schwieriger, das zur Entwicklungs- und Wachstumsfinanzierung erforderliche Eigenkapital zu gewinnen.
BIO Deutschland begrüßt, dass die Bundesregierung das Thema der Weiterentwicklung der
steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften jetzt beschleunigt angeht. Der Gesetzgeber muss mit Augenmaß Regelungen schaffen, die eine missbräuchliche steuerliche Gestaltung verhindern (wie es auch der Bundesrat in BT-Drs. 18/1034 anmerkt), bestehende Benachteiligungen für forschende technologiebasierte Unternehmen abbauen und gleichzeitig Chancen für den Forschungs- und Entwicklungsstandort Deutschland mit den hier angesiedelten Spitzentechnologien ermöglichen. Der Verband sieht in einigen Punkten Klarstellungsbedarf, um der Gefahr einer ungewollten de facto-Verschärfung für innovative mittelständische Unternehmen sowie einer überbordenden Bürokratie zu begegnen. Im Einzelnen fordert BIO Deutschland,:
- der „fortführungsgebundene Verlustvortrag“ sollte klar nur den Verlust betreffen, der ansonsten nach § 8c KStG nicht abziehbar wäre.
- den Begriff eines „zusätzlichen Geschäftsbetriebes“ (§ 8d Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 (neu) KStG) zu präzisieren, um eine hinreichende Abgrenzung zum Begriff des „Geschäftsbetriebes“ zu erreichen.
- klarzustellen, welche Fallgestaltungen der Änderung der Zweckbestimmung (§ 8d Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 (neu) KStG) noch „demselben Geschäftsbetrieb“ (vgl. § 8d Abs. 2 Satz 1 (neu) KStG) unterfallen können und ab wann ein neuer Geschäftsbetrieb vorliegt.
- 8d Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 (neu) KStG (Ruhendstellung des Geschäftsbetriebes) zu streichen. Hilfsweise sollte eine Regelung geschaffen werden, mit der eine vorübergehende Ruhendstellung zum Zwecke der Unternehmensrettung bzw. Sanierung nicht mit dem Untergang der gesamten Verlustvorträge bestraft werden.
- 8d Abs. 2 Satz 2 Nr. 4, 5 (neu) KStG (Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft; Organschaft) dann nicht für anwendbar zu erklären, wenn der Geschäftsbetrieb der Mitunternehmerschaft und Organschaft mit dem der Verlustgesellschaft wirtschaftlich identisch oder überwiegend vergleichbar ist oder diesen fördert und ergänzt.
Im Übrigen teilt BIO Deutschland die vom Bundesrat in BT-Drucksache 18/10348 zu Punkt 2 (Seite 3) vorgetragenen Punkte vollständig, während die zu Punkt 1 (Seite 1 f.) ausgeführten Punkte zum Teil kritisch gesehen werden.