Stellungnahme zum interfraktionelle Antrag der CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/DIE GRÜNEN BT-Drs. 17/8344

29.03.2012

Die Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/DIE GRÜNEN reichten zur Bundestagsdrucksache 17/8344 einen Antrag auf Entschließung des Bundestages ein, mit dem die Bundesregierung aufgefordert wird, sich auf EU-Ebene für die Überarbeitung der Biopatentrichtlinie 98/44/EG in mehreren Punkten einzusetzen. So soll klargestellt werden, dass keine Patente auf konventionelle Züchtungsverfahren, mit diesen Verfahren gezüchtete Nutztiere und –pflanzen sowie deren Nachkommen und Produkte erteilt werden und dass bei landwirtschaftlichen Nutztieren und –pflanzen die Schutzwirkung von Product-by-Process-Patenten auf die Verwendung des im Patent angegebenen Verfahrens beschränkt wird. Der Antrag forderte ebenfalls entsprechende Änderungen in das Europäische Patentübereinkommen sowie in das anvisierte EU-Patent zu übernehmen. Darüber hinaus soll die Bundesregierung prüfen, ob die Änderungen vorab bereits in das deutsche Patentgesetz (PatG) eingepflegt werden können.

Der Wirtschaftsverband der Biotechnologiebranche, die Biotechnologie-Industrie-Organisation Deutschland e. V. (BIO Deutschland), sieht vor dem Hintergrund der Entscheidungen der Großen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes, insbesondere zu den so genannten Brokkoli-/Tomatenpatenten vom 9. Dezember 2010 (G 2/07 und G 1/08) keinen Bedarf zur Änderung der Richtlinie 98/44/EG vom 6. Juli 1998 über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen (Biopatentrichtlinie). Vielmehr sollte dem Recht sprechenden Organ Vertrauen entgegen gebracht werden, neu aufkommende Fragestellungen zu beantworten, bevor der schwierige Gesetzgebungsprozess auf europäischer Ebene angestoßen wird. Eine Neuverhandlung der Biopatentrichtlinie wird einen jahrelangen europaweiten Gesetzgebungsprozess mit einer Vielzahl von nationalen Eigeninteressen auslösen. Ein solcher Prozess führt zwangsläufig zu Rechtsunsicherheit bei den Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Technologietransferstellen und in der gesamten Biotech-Branche – und das in einer Phase, in der die vor ca. 10 Jahren umgesetzte Biopatentrechtlinie gerade durch die Rechtsprechung an Kontur gewinnt und Rechtssicherheit gibt.

Branchenspezifische Sonderregelungen im Patentbereich benachteiligen in der Regel die entsprechenden Branchen. Eine Beschränkung der Schutzwirkung von Product-by-Process Ansprüchen würde konkret zum Wegfall des Substanzschutzes für eine Vielzahl von gemäß Patentgesetz und/oder Europäischem Patentüberkommen schutzrechtsfähigen gentechnischen Erfindungen führen. Ein Wegfall des Substanzschutzes für solche Erfindungen benachteiligt zudem direkt die Biotech-Industrie, insbesondere im Bereich der Pflanzenbiotechnologie sowie auf diesem Gebiet arbeitende akademische Forschungseinrichtungen gegenüber anderen Technologiezweigen und gegenüber ausländischen Konkurrenten. Die Schlechterstellung würde zu weniger Investitionen in diesem Bereich und damit zum Abwandern der Industrie (siehe jüngste BASFEntscheidung), weniger hochqualifizierten Arbeitsplätzen und folglich zu weniger Fortschritt in der Landwirtschaft wie auch in den Lebenswissenschaften allgemein führen. Beispielsweise könnte auch eine gentechnisch-veränderte Pflanze, die ein Medikament herstellt, nicht mehr geschützt werden.

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