Biotech-Industrie zu den Plänen des Gesundheitsministeriums
Herstellerrabatt für Arzneimittel wirkt wie Strafsteuer auf Innovationen
Berlin (18.05.2010) - Der Wirtschaftsverband der Biotechnologie-Branche, BIO Deutschland e. V., fordert in einer heute veröffentlichten Stellungnahme anlässlich der morgigen Anhörung des Bundestagsausschusses für Gesundheit, den Weg für neuartige Arzneimittel nicht zu blockieren. Das Papier der Biotechnologievertretung bezieht sich auf den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung krankenversicherungsrechtlicher und anderer Vorschriften (Speziell: Erhöhung des Herstellerabschlages in § 130a SGB V).
Die Regierungsfraktionen schlagen die Einführung einer Erhöhung des Herstellerabschlages von sechs auf 16 Prozent vor. „Dies würde vor allem die Entwicklung von Medikamenten für sogenannte „seltene Krankheiten" behindern", sagte Peter Heinrich, Vorstandsvorsitzender der BIO Deutschland. Er fügte hinzu, dass gerade für kleinere Unternehmen in der Biotechnologie, die sich in diesem Bereich stark engagierten, Innovationen kaum möglich seien, wenn ihnen die gezielte Förderung und die Chancen auf Refinanzierung der Entwicklungskosten genommen würden.
Daher fordert BIO Deutschland in der Stellungnahme um Fehlanreize und unnötige Bürokratiekosten zu vermeiden, alle Arzneimittel für seltene Erkrankungen, die in das Gemeinschaftsregister für Arzneimittel für seltene Leiden eingetragen sind, von der Erhöhung des Herstellerrabattes auf 16 Prozent auszunehmen.
„Die geplante Anhebung des Zwangsrabattes würde eine enorme finanzielle Herausforderung für diese Unternehmen bedeuten", hob Robert Schupp, Leiter der BIO Deutschland-Arbeitsgruppe „Gesundheitspolitik", hervor. Es sei aus Sicht des Verbandes keine konsistente Politik, wenn zunächst Arzneimittel für seltene Erkrankungen gefördert würden, um dann die Refinanzierung der hochriskanten und kapitalintensiven Investitionen zu erschweren. Schupp ergänzte: „Eine deutliche Verlangsamung und Abnahme in der Entwicklung neuer Produkte wird die Folge sein. Es besteht Gefahr, dass die bislang erzielten Erfolge, die die Lebenssituation der Patientinnen und Patienten mit seltenen Erkrankungen in vielen Fällen erheblich verbessern konnten, mit dem neuen Gesetz wieder zunichte gemacht wird."
Hierzulande leiden derzeit etwa vier Millionen Menschen an einer seltenen Krankheit (etwa 8.000 der rund 30.000 bekannten Krankheiten). Da die Patientenanzahl für eine dieser Krankheiten im Vergleich zu den Volksleiden wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Alzheimer oder Krebs relativ gering ist, sind Medikamente zu deren Behandlung selten. Um Menschen mit seltenen Erkrankungen den selben Zugang zu Diagnostik und Therapie zu ermöglich wie Menschen mit sogenannten Volkskrankheiten, wurde vor zehn Jahren von der Europäischen Union eine Verordnung (VO 141/2000/EG) verabschiedet. Sie war vor allem darauf ausgerichtet, den Unternehmen die Entwicklung von Arzneimitteln für seltene Erkrankungen durch finanzielle Anreize und Förderprojekte zu erleichtern. Die Bundesregierung hat sogar im März 2010 ein Nationales Aktionsbündnis für Menschen mit Seltene Erkrankungen (NAMSE) gegründet. Dieses soll einen entsprechenden Nationalplan für eine Verbesserung der Versorgungssituation erarbeiten. Kamen vor 2000 kaum Arzneimittel für seltene Erkrankungen auf den Markt, so haben die Förderansätze dazu geführt, dass bis zum heutigen Tag 59 Arzneimittel für seltene Erkrankungen zugelassen wurden.
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Kompletter Text der Mitteilung zum Download - Abdruck honorarfrei, Beleg erbeten.
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